Vorschläge der Herzog-Kommission abgelehnt:Stoiber geht auf Konfrontation zu Merkel

Lesezeit: 1 min

Der Streit zwischen den Unionsparteien bei den Sozialreformen nimmt zu: Der CSU-Chef erklärte, der Sozialstaat sei "das einigende Band" in Deutschland, bei seiner Reform dürfe "das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden".

Von Peter Fahrenholz und Philip Grassmann

(SZ vom 09.10.2003) - Besonders scharf attackierte Stoiber das von Merkel favorisierte Kopfpauschalen-Modell in der Krankenversicherung. Es sei "kaum realisierbar" und enthalte "außerordentliche Pferdefüße", sagte der CSU-Chef. Er kritisierte vor allem, dass die Finanzierung des angestrebten sozialen Ausgleichs über das Steuersystem unklar sei und die zusätzlichen Belastungen viele Bürger überfordern würden.

Allerdings lehnte Stoiber auch die von CSU-Vize Horst Seehofer geforderte Bürgerversicherung ab. Stoiber forderte stattdessen eine Reform des bestehenden Systems, das "ebenso sozial gerecht wie reformfähig" sei. Es solle bei dem Grundsatz bleiben, dass jeder Bürger entsprechend seiner Leistungsfähigkeit unterschiedlich hohe Beiträge zahle.

Keine eigenen CSU-Vorschläge zur Gesundheitsreform

Trotz seiner Fundamentalkritik an den Herzog-Vorschlägen hofft Stoiber auf eine einheitliche Position der Union zu den Sozialreformen. Zumindest bei der Gesundheitsreform wird das aber kaum möglich sein. Denn hier will die CSU in absehbarer Zeit keine eigenen Vorschläge vorlegen.

Nach Stoibers Auffassung soll abgewartet werden, wie die gerade vereinbarte Gesundheitsreform wirkt, ehe man über weitere Schritte nachdenkt. Der Dissens in der Union in dieser Frage wird also andauern.

Eigene Vorschläge zur Rente angekündigt

Vorlegen möchte die CSU dagegen bis Mitte November eigene Vorschläge für eine Rentenreform. Auch hier kritisierte Stoiber die Vorschläge der Herzog-Kommission deutlich. Die CSU lehnt eine Reduzierung der Witwenrenten ebenso ab wie die Erhöhung des Rentenalters und will eine wesentlich stärkere Kinderkomponente in der Rentenversicherung verankern. Ein weiterer Konflikt zwischen CDU und CSU zeichnet sich zudem beim Thema Steuerreform ab.

Stoiber plädierte für die Beibehaltung eines linear-progessiven Tarifs, der sozial gerechter sei als verschiedene Steuerstufen, wie sie Friedrich Merz vorschweben. CSU-Vize Seehofer begrüßte Stoibers klare Stellungnahme. Es gehe jetzt vor allem darum, innerhalb der Union "einen Richtungswechsel zu verhindern", sagte Seehofer zur Süddeutschen Zeitung.

Kritik an Stoiober aus Thüringen

"Sich gegen etwas auszusprechen, ist noch lange kein Konzept", sagte Thüringens Regierungschef Dieter Althaus (CDU) der SZ. Er forderte die CSU auf, ihre Vorstellungen möglichst rasch darzulegen. "Allerdings bin ich sehr skeptisch, ob das gegenwärtige System beibehalten werden kann, so wie Stoiber das offenbar will."

CDU-Chefin Merkel verteidigte die Herzog-Vorschläge gegen die CSU-Kritik: Das Konzept gewähre sowohl soziale Sicherheit als auch die Bezahlbarkeit von Arbeit.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: