Vor EU-Russland-Gipfel:Steinmeier reist zu Krisengespräch nach Moskau

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Polnisches Fleisch, Denkmäler in Estland sowie die Versorgung mit Gas und Öl - Streitthemen gibt es genug vor dem Treffen von EU-Ratspräsidentin Merkel mit Russlands Präsident Putin. Außenminister Steinmeier nennt das Verhältnis "kompliziert" und will im Kreml für Deeskalation sorgen.

Der Krisenmanager ist gefragt: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reist am Dienstag zu Krisengesprächen nach Moskau. Delegationskreise bestätigten am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel, Steinmeier sei von Außenminister Sergej Lawrow eingeladen worden. Er werde mit Lawrow über die Probleme in den Beziehungen zwischen Russland und der EU unmittelbar vor deren Gipfel in Samara sprechen.

Frank-Walter Steinmeier bei seinem Besuch im vergangenen Dezember in Moskau (Foto: Foto: dpa)

Vier Tage vor einem Gipfeltreffen von EU und Russland bezeichnete Steinmeier die Situation als "kompliziert" und plädierte für eine "Rückkehr der Vernunft" in den beiderseitigen Beziehungen.

Am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel forderte er ein Ende der Diskussion um die Frage, ob der Gipfel am 18. Mai überhaupt stattfinden werde. Er plädierte für "eine Rückkehr der Vernunft".

"Es gibt eine ganze Reihe von aufgelaufenen Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gilt und die den Gipfel nicht einfach machen", sagte Steinmeier. Unter anderem blockiert Polen den Beginn wichtiger Verhandlungen zwischen der EU und Moskau wegen eines russischen Einfuhrstopps für polnisches Fleisch. "Wir werden uns bis zum Stattfinden des Gipfels weiter bemühen, den Konflikt ums polnische Fleisch zu lösen", sagte er.

Neben dem Fleischstreit belasten noch zahlreiche weitere Konflikte die Beziehungen beider Seiten. Dazu zählt Russlands Kritik an der Verlegung eines sowjetischen Ehrenmals aus dem Zentrum der estnischen Hauptstadt Tallinn, Probleme bei Erdöllieferungen aus Russland und auch der Streit zwischen Russland und den EU-Staaten Polen und Tschechien über die Stationierung des US-Raketenschilds auf ihrem Gebiet.

Neue Grundlage für Zusammenarbeit

Das neue Abkommen zwischen der EU und Russland soll die Beziehungen beider Seiten auf eine neue Grundlage stellen. Die EU erwartet sich auch Vereinbarungen über die Energiezusammenarbeit mit ihrem wichtigsten Lieferanten.

"Ich werde heute noch einmal meine Auffassung kundtun, dass wir die Diskussion darüber, ob der Gipfel überhaupt stattfinden sollte, einstellen müssen", sagte Steinmeier, der derzeit EU-Ratsvorsitzender ist. "Gerade in einer solchen Situation, in der die Lage nicht einfach ist, muss man miteinander reden." Es gelte der Grundsatz "Vorschläge statt Vorwürfe".

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft habe sich beim russisch-estnischen Streit um das Kriegerdenkmal in Tallinn erfolgreich um Deeskalation bemüht. "Ich hoffe, dass auf diesem Wege weitere Fortschritte erreicht werden", sagte Steinmeier.

Tschechischer Außenminister kritisiert russischen Protest

Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg hält die russischen Proteste gegen den geplanten US-Raketenschild für unaufrichtig.

"Ich glaube, Moskaus Reaktion war nicht allein dem Raketenschirm geschuldet", sagte Schwarzenberg der Passauer Neuen Presse. "Schon seit längerer Zeit hat sich in Russland viel angestaut. Der Raketenschirm war letztlich nur ein willkommener Anlass, um die eigenen Großmachtansprüche zu unterstreichen."

Der Westen müsse aufpassen, dass aus den Differenzen nicht eine echte Bedrohung für die gegenseitigen Beziehungen werde, sagte Schwarzenberg weiter. "Ich denke, wir werden noch einige Zeit einem ziemlichen Druck von russischer Seite ausgesetzt sein. Ein ruhiger und freundlicher Dialog auf allen Ebenen ist die einzig richtige Antwort darauf", sagte er.

Der Außenminister kündigte an, Tschechien werde das Radarsystem für den Raketenschild auch gegen den Widerstand einzelner Nato-Mitglieder installieren. "Tschechien ist zu Diskussion bereit und wird mit allen Nato-Partnern offen sprechen und alle Aspekte beleuchten", sagte Schwarzenberg. "Klar ist allerdings: Die endgültige Entscheidung liegt bei uns."

Die USA wollen ihre Raketenabwehr in Großbritannien und Grönland durch neue Anlagen in Polen, Tschechien und dem Kaukasus erweitern. Bis spätestens 2013 sollen in Polen zehn Abfangraketen stationiert und in Tschechien ein Radarsystem eingerichtet werden.

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