Vor der Präsidentenwahl:CDU-Politiker nennt Filbinger "untadelig"

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Die Bundespräsidentenwahl wird überschattet vom Streit um den CDU-Wahlmann Hans Filbinger. Inzwischen bekam der ehemalige NS-Marinerichter Zuspruch aus seiner Partei. Vorsichtig-kritische Töne gab es dagegen von Ex-Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Die FDP-Abgeordnete Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte der Berliner Zeitung, es sei zwar Angelegenheit jeder Fraktion, wen sie in die Bundesversammlung berufe. "Aber ich selbst fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, mit Herrn Filbinger in einer Reihe zu sitzen."

Der CDU-Fraktionschef im Landtag von Baden-Württemberg, Günther Oettinger, verteidigte die Nominierung des früheren Ministerpräsidenten: "Ich halte Filbinger für einen völlig untadligen Wahlmann", sagte er der Chemnitzer Freien Presse. Die Proteste seien nichts anderes als ein durchsichtiges Manöver von SPD und Grünen. Filbinger sei mehrmals als Wahlmann in der Bundesversammlung aufgestellt worden sei, ohne dass es Proteste gegeben habe.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte zu der Nominierung Filbingers: "Es ist Sache der CDU und ihrer politisch-moralischen Maßstäbe der Auswahl von Mitgliedern der Bundesversammlung, darüber zu befinden." Als Leiter der Bundesversammlung wolle er sich mit einer Beurteilung zurückhalten, erklärte Thierse in der ARD.

Der Chef der Bayern-SPD und stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Ludwig Stiegler, sagte der Passauer Neuen Presse, Filbinger sei "nicht sein Thema".

Wahl beginnt um 12 Uhr

Allerdings werde mit dessen Nominierung durch die baden-württembergische CDU gerade in einer Zeit wie jetzt, "wo Folter und Gefangenenmisshandlung ohnehin in aller Munde ist", bewusst eine Botschaft an den rechten Flügel der CDU gesendet. "Es gibt da diese Gruppe der Ewiggestrigen, die so miteinbezogen werden", sagte Stiegler.

Vor Treffen der Fraktionen und deren Wahlmännern und -frauen im Reichstag forderte der scheidende Bundespräsident Johannes Rau mehr Klarheit von den Politikern. Die Wahl seines Nachfolgers beginnt um 12.00 Uhr nach einem Gottesdienst.

Angesichts einer Überzahl von 19 Stimmen über der absoluten Mehrheit bei Union und FDP gilt die Wahl von Horst Köhler, früherer Chef des Internationalen Währungsfonds, als sicher. Die Politologin Gesine Schwan kann deshalb wahrscheinlich auch dann nicht gewinnen, wenn neben SPD und Grüne auch die PDS für sie votiert.

Für Überraschungen könnten aber die 603 von den Länderparlamenten bestimmten Wahlleute sorgen, die "an Aufträge und Weisungen nicht gebunden" sind. Insgesamt hat das Wahlgremium, die Bundesversammlung, 1.205 Mitglieder.

Gesine Schwan feiert 61. Geburtstag

Am Samstag kamen die Fraktionen der Bundesversammlung in Berlin zusammen. Dabei sollten vor allen Dingen technische Fragen geklärt werden. "Zählappell" soll erst am Sonntagmorgen unmittelbar vor der Wahl des Bundespräsidenten sein. Nach den Sitzungen der Parteien im Reichstag folgen mehrere Empfänge.

Der Kandidat von Union und FDP, Horst Köhler, nahm an der CDU/CSU-Veranstaltung im Palais am Funkturm sowie an einer Bootsfahrt der FDP teil. Bei der Feier der SPD im Hamburger Bahnhof war die Kandidatin von SPD und Grünen, Gesine Schwan, dabei. Sie feierte ihren 61. Geburtstag.

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