Vor den Programmdebatten:Koch: Politik der kleinen Schritte ist Zugeständnis an die SPD

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Ohne die SPD würde die CDU die notwendige Sanierung der Bundesrepublik schneller und grundlegender angehen, sagte der hessische Ministerpräsident. Die CDU müsse herausarbeiten, wie sie regieren könnte, wenn sie keine Rücksicht auf die SPD nehmen müsste.

Nico Fried und Christoph Schwennicke

Berlin - Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas sagte, die Sozialdemokraten müssten sich von einer Sozialstaats- zur Bildungspartei wandeln. Die Leitlinien des designierten SPD-Vorsitzenden Kurt Beck für die Programmdiskussion führten zu neuem Koalitionsstreit über die Steuerpolitik.

Koch wünscht sich von seiner Partei, sich mit der Debatte um das neue Grundsatzprogramm vom Koalitionspartner SPD abzugrenzen. "Je mehr eine Partei gezwungen ist, aus Rücksicht auf einen Koalitionspartner, der nicht der natürliche Koalitionspartner ist, eigene Grundsätze hintanzustellen, umso mehr muss klargestellt werden und klar bleiben, dass die CDU ohne die SPD die notwendige Sanierung der Bundesrepublik schneller und grundlegender angehen würde", sagte Koch der Süddeutschen Zeitung. Es müsse erkennbar werden, "was man anders machen würde, wenn es diesen Koalitionspartner nicht gäbe".

Die Politik "der vielen kleinen Schritte" der Bundesregierung gehe zwar in die richtige Richtung, sei aber letztlich eine Konzession an die SPD, sagte Koch. Die Debatte um das neue Programm diene dieser Konturierung nach außen sowie der gemeinsamen Rückversicherung über die Grundsätze nach innen. Koch erwartet eine intensive und auch kontroverse Debatte zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberflügel der CDU.

Es sei wichtig, dass "Meinungsunterschiede auf den Tisch gelegt und nicht zugekleistert werden". Auf die Kritik des CDU-Arbeitnehmerflügels am Motto "Neue Gerechtigkeit durch mehr Freiheit" erwiderte Koch: "Zur Freiheit gehört, dass es gerecht zugeht."

Maas: Bildung oberste Priorität

Auch Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) warnte vor Gefahren einer großen Koalition. Ein Großteil des Fortschritts der Bundesrepublik sei zustande gekommen, weil große Konflikte ausgetragen worden seien, sagte de Maizière der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Als Beispiele nannte er die Westbindung, die Wiederbewaffnung, die soziale Marktwirtschaft, die Ostpolitik und die Nachrüstung. "Am Ende hat die andere Seite das Ergebnis stets akzeptiert - die einen die Westbindung, die anderen die Ostverträge", betonte er und fügte hinzu: "Bei einer großen Koalition besteht gewiss die Gefahr, dass man solche Debatten nur intern führt."

Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas forderte seine Partei auf, sich "von der Sozialstaatspartei zur Bildungspartei zu wandeln". Bildung sei die wichtigste Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Deshalb müsse die SPD ihr oberste Priorität zugestehen, sagte Maas der SZ. "Erst wenn die Bildungspolitik versagt, muss der Sozialstaat eingreifen."

Maas unterstützte zugleich das Konzept der Parteispitze, auf einen vorsorgenden und aktivierenden Sozialstaat zu setzen. Der Sozialstaat dürfe sich nicht nur über Leistungstranfers definieren. "Seine wichtigste Aufgabe besteht darin, arbeitslose Menschen zurück in Arbeit zu bringen", sagte Maas.

Er forderte seine Partei zudem auf, ein Bekenntnis für einen handlungsfähigen Staat abzulegen. "Der Primat muss bei der Politik liegen. Wir dürfen nicht nur die Reparaturwerkstatt sein, wir müssen von vornherein den Verkehr regeln".

Die Leitlinien für die Debatte der SPD zum Grundsatzprogramm haben unterdessen erneut den Streit um Steuererhöhungen angeheizt. In dem Papier plädiert der designierte Parteichef Kurt Beck für eine stärkere Beteiligung der Wirtschaft und privater Vermögen an den Ausgaben für Bildung und Forschung.

Beck bestritt, damit Steuererhöhungen gemeint zu haben. Höhere Einnahmen könnten auch durch das Stopfen von Steuerschlupflöchern erzielt werden, sagte Beck. Der designierte SPD-Vize Jens Bullerjahn regte an, das Verhältnis aus zu hohen Abgaben und zu niedrigen Steuern umzudrehen.

Die Steuersenkungen unter Rot-Grün bezeichnete er als "Irrtum", weil sie nicht den gewünschten Effekt gebracht hätten. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, Steuererhöhungen stünden "derzeit" nicht zur Debatte.

© SZ vom 24.4.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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