Von der Leyens ehrgeiziges Ziel:Drei Milliarden Euro mehr für Kinderkrippen

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Familienministerin Ursula von der Leyen will das Angebot an Betreuungsplätzen für Zwei- und Dreijährige massiv erhöhen - und stellt sich schon mal auf Widerstand aus den eigenen Reihen ein.

Felix Berth

Die Bundesfamilienministerin fordert einen massiven Ausbau der Kinderkrippen. Im Jahr 2013 sollen in Deutschland etwa 35 Prozent der Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr professionell betreut werden. Dies koste jährlich drei Milliarden Euro zusätzlich, sagte die CDU-Politikerin.

In Deutschland herrscht derzeit noch ein großer Mangel an Krippenplätzen - das will die Familienministerin ändern (Foto: Foto: AP)

Von der Leyen will erreichen, dass in der Bundesrepublik in wenigen Jahren etwa 750.000 Kleinkinder in Krippen und von Tagesmüttern betreut werden. Derzeit sind es rund 250.000. Der Ausbau würde jährlich etwa drei Milliarden Euro kosten - eine Summe, die nach den Worten der Politikerin Bund, Länder und Kommunen gemeinsam aufbringen müssten.

Dass dem Bund direkte Zahlungen an die Kommunen untersagt sind, sieht von der Leyen dabei nicht als grundsätzliches Hindernis: "Wenn dafür das Grundgesetz geändert werden müsste, sollte es daran nicht scheitern", sagte sie der Süddeutschen Zeitung.

Verteilung der Lasten noch unklar

Es gehe darum, sämtlichen Kindern früh den Zugang zu Bildung und Erziehung zu ermöglichen: "Wir wissen, dass jedes dritte Kind einen Migrationshintergrund hat. Und am Anfang der Bildungskarrieren entscheidet sich, ob auch diese Kinder in den nächsten Jahrzehnten in der Lage sind, unser Land wettbewerbsfähig zu halten."

Von der Leyen wollte sich nicht zu der Frage äußern, wie die drei Milliarden Euro zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufgeteilt werden sollen: "Das besprechen wir intern."

Die Pläne der Ministerin gehen über das Ziel der rot-grünen Koalition hinaus, die im Jahr 2004 das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) verabschiedet hatte. Darin ist vorgesehen, dass in Deutschland im Jahr 2010 etwa jedes sechste Kind unter drei Jahren in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter betreut wird.

Nach den Vorstellungen von Ursula von der Leyen ist dies zu wenig: "Wir müssen uns enorm anstrengen, um von einem der hintersten Ränge in Europa zumindest zu einem Platz über dem Durchschnitt zu kommen."

"Neue Wege sind nie einfach"

Würden dreißig Prozent der Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr betreut, läge die Bundesrepublik in der Spitzengruppe Europas, gleichauf mit Staaten wie den Niederlanden, jedoch weiterhin knapp hinter den skandinavischen Ländern und Frankreich.

Die Bundesfamilienministerin stellt sich bei ihrem ehrgeizigen Vorhaben auf Widerstand aus der eigenen Partei ein. "Neue Wege sind nie einfach", sagte sie. Doch zeige die Einführung des Elterngeldes, dass auch mit der Union moderne Wege gangbar seien.

Die Kritik des sächsischen Kultusministers Steffen Flath (CDU), Deutschland dürfe bei der Kinderbetreuung "nicht die DDR wiederauferstehen lassen", wies von der Leyen zurück: "Dieser Vergleich führt in die Irre. Wir sollten uns besser mit Ländern messen, die seit Jahrzehnten ein hervorragendes System der frühkindlichen Bildung und Betreuung entwickelt haben." So schnitten Kinder aus skandinavischen Staaten in Bildungsvergleichen besser ab als Kinder aus der Bundesrepublik; auch seien die Geburtenraten dort höher.

Falls der Ausbau der Kinderbetreuung wegen des Widerstands von Ländern und Kommunen stocke, könne der Bund sogar einen Rechtsanspruch festlegen, sagte von der Leyen. "Es wäre nicht das erste Mittel, sondern die ultima ratio", fügte sie hinzu.

Die Bedingungen für ein Eingreifen des Bundes seien im Koalitionsvertrag festgelegt. "Wenn sich Ende 2008 zeigt, dass zehn Prozent der Kommunen die Ausbauziele des TAG verfehlen, setzt der Bund einen Rechtsanspruch durch", sagte die Ministerin.

Mit ihren Plänen für deutlich mehr Krippenplätze kommt von der Leyen Wünschen vieler Eltern entgegen, wie eine Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts zeigt. Eine Befragung des Instituts ergab, dass in Deutschland für Kindern unter drei Jahren etwa bei 500.000 Plätze fehlen. Etwa sechzig Prozent der Eltern wünschen sich, so das Ergebnis der Umfrage, dass auch zweijährige Kinder von Fachkräften betreut würden.

© SZ vom 9. Februar 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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