Volkswagen-Affäre:Aktenfund belastet Winterkorn

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Der Ex-Vorstandschef soll schon früh auf mögliche Abgas-Manipulationen in den USA hingewiesen worden sein. Der Fund einer Mail von 2014 könnte nun bisherige Darstellungen in der Affäre als falsch entlarven.

Von Thomas Fromm und Klaus Ott, München/Wolfsburg

Der frühere VW-Vorstandschef Martin Winterkorn soll im eigenen Konzern frühzeitig auf mögliche Abgas-Manipulationen in der USA hingewiesen worden sein. Das berichtet die Bild am Sonntag. Die Zeitung zitiert aus einer VW-Unterlage vom Mai 2014, die Winterkorn damals erhalten habe. Darin sei von "dramatisch erhöhten" Stickstoffwerten bei Diesel-Fahrzeugen die Rede gewesen. Es sei zu vermuten, dass die US-Behörden die VW-Systeme daraufhin untersuchen würden, ob ein sogenanntes Defeat Device eingesetzt werde. Darunter wird eine Software zur Manipulation von Abgas-Messungen verstanden.

Volkswagen hat zum Stand der internen Ermittlungen zuletzt Ende 2015 erklärt, man habe keine Erkenntnisse, dass Vorstand oder Aufsichtsrat in die Abgas-Affäre involviert gewesen seien. Winterkorn, der wegen der Affäre im September 2015 als Vorstandschef zurücktrat, bestreitet bislang jegliches Fehlverhalten. Diese Darstellungen könnten durch den Aktenfund bei Volkswagen nun hinfällig werden.

Wie die SZ am Sonntag erfuhr, soll die betreffende Unterlage, eine Mail an Winterkorn, bereits im Herbst vergangenen Jahres im Zuge der internen Ermittlungen bei VW entdeckt worden sein. Winterkorn soll anschließend von Anwälten der Kanzlei Jones Day, die im Auftrag des Aufsichtsrats von VW die Abgas-Affäre untersuchen, dazu befragt worden sein. Unklar ist, ob der Aufsichtsrat inzwischen über diesen speziellen Aktenfund informiert wurde. Ein Sonderausschuss des Kontrollgremiums zur Aufklärung der Abgas-Affäre wird regelmäßig über den Stand der eigenen Ermittlungen unterrichtet.

Der Aufsichtsrat wird von Hans Dieter Pötsch geleitet, einem langjährigen Vertrauten von Winterkorn. Pötsch kümmerte sich im Konzernvorstand um die Finanzen und wechselte nach Winterkorns Rücktritt an die Spitze des Kontrollgremiums. Pötsch hat wiederholt beteuert, "alles kommt auf den Tisch, nichts wird unter den Teppich gekehrt". Volkswagen antwortete am Sonntag nicht auf Fragen zu dem Aktenfund, der Winterkorn belastet. Ein VW-Sprecher verwies darauf, dass die Untersuchungen noch andauerten.

Winterkorn äußerte sich wegen der noch laufenden Ermittlungen ebenfalls nicht. Die Mail vom Mai 2014 hatte der damalige Vorstandschef von Bernd Gottweis erhalten, der lange Zeit den Ausschuss für Produkt-Sicherheit (APS) bei VW leitete. Dieser Ausschuss gilt als eine Art betriebsinterne "Feuerwehr" und soll mögliche Gefahren frühzeitig entdecken und abwehren, bevor größere Schäden entstehen. Rückrufaktionen wegen Mängeln an Fahrzeugen werden im APS behandelt.

Wegen der überhöhten Abgaswerte in den USA hatte VW Ende 2014 fast 500 000 Auto in die Werkstätten geholt, um Änderungen an der Software vorzunehmen. Das "Defeat Device", das die Abgas-Reinigung auf dem Prüfstand ein- und auf der Straße ausschaltet, wurde aber nicht beseitigt. Als die US-Behörden nachhakten, gab VW im Sommer 2015 die Manipulationen zu.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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