Völkermord:Ex-Bürgermeister aus Ruanda festgenommen

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Wegen des Verdachts auf Völkermord ist ein ehemaliger ruandischer Bürgermeister im Raum Frankfurt festgenommen worden. Es ist bereits die zweite Festnahme innerhalb von sechs Wochen.

Ein früherer Bürgermeister aus Ruanda ist in Hessen wegen Mordverdachts und wegen mutmaßlicher Beteiligung am Völkermord an den Tutsi in seiner afrikanischen Heimat festgenommen worden.

Der 51-Jährige von der Volksgruppe der Hutu soll als Kommunalpolitiker im Norden Ruandas zwischen 1990 und 1994 zahlreiche Morde an Angehörigen der Tutsi-Minderheit geleitet oder gelenkt haben.

"Ihm liegt insbesondere die Beteiligung an einem Massaker in Nyarubuye Mitte April 1994 zur Last, in dessen Verlauf mehrere tausend Personen getötet worden sein sollen", teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Der Mann sei am Vortag im Raum Frankfurt festgenommen worden.

Gegen den Verdächtigen werde seit Ende März ermittelt, hieß es. Er war mit internationalem Haftbefehl des ruandischen Generalstaatsanwalts gesucht worden. Im April wurde der Afrikaner zunächst in Frankfurt in Auslieferungshaft genommen, musste aber Anfang November wieder entlassen werden.

Laut Bundesanwaltschaft hatten die Frankfurter Justizbehörden Auslieferungen nach Ruanda für unzulässig erklärt und sich auf gleichlautende Entscheidungen des Internationalen Ruanda-Tribunals im tansanischen Arusha berufen. Der nun vollstreckte Haftbefehl beruhe auf eigenen Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft und des Bundeskriminalamtes (BKA).

Damit ist zum zweiten Mal innerhalb von gut sechs Wochen in Deutschland ein Haftbefehl wegen des Völkermords in Ruanda Anfang der 90er Jahre vollstreckt worden. Erst vor wenigen Wochen hatte die Auslieferung der wegen Mordverdachts inhaftierten ruandische Spitzenpolitikerin Rose Kabuye nach Frankreich die Beziehungen zwischen Deutschland und Ruanda erheblich belastet.

Nun soll die Protokollchefin des ruandischen Präsidenten Paul Kagame gegen Kaution in ihre Heimat ausreisen dürfen. "Der internationale Haftbefehl wird nicht mehr angewandt werden", zitierte die Zeitung The New Times den ruandischen Justizminister Tharcisse Karugarama. Kabuye werde voraussichtlich am 10. Januar nach Ruanda zurückkehren. "Wir glauben und hoffen, dass letztlich ihre Unschuld bewiesen wird."

Frankreich legt Kabuye zur Last, am Mord an Ruandas früherem Präsidenten Juvénal Habyarimana beteiligt gewesen zu sein. Er war 1994 in seinem Flugzeug abgeschossen worden. Das Attentat war Auslöser für den Völkermord in der ehemaligen deutschen Kolonie, bei dem Hutu-Milizen rund 800.000 Menschen - meist Angehörige der Tutsi-Minderheit sowie gemäßigte Hutu - niedermetzelten.

Kabuyes Festnahme am Frankfurter Flughafen und die spätere Auslieferung nach Frankreich waren von Ruanda mit scharfem Protest beantwortet worden. Die Regierung in Kigali wies aus Protest den deutschen Botschafter aus. Präsident Kagame sprach von einer Verletzung der ruandischen Souveränität.

© dpa/Reuters/cag/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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