Visa-Missbrauch:Fischer übernimmt volle Verantwortung

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Der Bundesaußenminister sagte vor dem Parteirat der Grünen in Berlin, er stehe in dieser Sache vor seinen Mitarbeitern. Der Bundeskanzler gab Joschka Fischer indes Rückendeckung.

"Für mögliche Versäumnisse und Fehler meiner Mitarbeiter trage ich die politische Verantwortung", sagte Fischer. Er betonte, er sei jederzeit bereit, sich den Fragen des Visa-Untersuchungsausschusses zu stellen.

Der Grünen-Politiker wies aber auch darauf hin, dass es vor dem scharf kritisierten "Volmer-Erlass" aus dem Jahr 2000 entsprechende Forderungen der Opposition in Bundestags-Ausschüssen nach Reiseerleichterungen gegeben habe.

Schröder sprach seinem Außenminister und Stellvertreter in der Affäre sein volles Vertrauen aus. Fischer habe die volle Unterstützung der Koalition, sagte Schröder vor dem SPD-Präsidium in Berlin.

Unter Druck

Wenn die Opposition glaube, Fischer kippen zu können, "dann irrt sie gewaltig", sagte Schröder. Zuvor hatte sich der Druck auf Fischer deutlich erhöht. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, äußerte im ZDF-Morgenmagazin die Erwartung, dass Fischer in der Visa-Affäre der Dimension des Vorwurfs nicht gerecht werde.

Die Union werfe dem Außenminister regierungsamtliche "Förderung von massenhaftem illegalen Ausländeraufenthalt und Förderung von organisiertem Verbrechen vor", sagte Röttgen. Fischer müsse sagen, welche Konsequenzen dieser Vorwurf und die Beschuldigung seines ehemaligen Staatsminister für ihn habe.

Die politische Verantwortung habe er als Minister in jedem Fall. Auch in Fischers Partei war die Erwartungshaltung hoch. Vorsitzender Reinhard Bütikofer hat eine politische Verantwortung von Bundesaußenminister Joschka Fischer in der so genannten Visa-Affäre eingeräumt.

Jeder Minister sei für Vorgänge in seinem Verantwortungsbereich politisch verantwortlich, auch wenn er persönlich gar nichts dafür könne, sagte er in derselben Sendung. Er glaube aber auch aus heutiger Sicht, dass die Lockerung der Reisefreiheit damals die richtige Politik gewesen sei.

Missstände beseitigt

Dafür hätten sich ja seinerzeit nicht nur Grüne eingesetzt, sondern auch viele Konservative hätten dafür geworben. Das Problem habe weniger beim Erlass gelegen als bei der Reiseversicherung, die das Auswärtige Amt von der Vorgängerregierung geerbt habe und die zu Missbrauch geführt habe. Dies sei aber inzwischen abgestellt worden, fügte Bütikofer hinzu.

Grund der Vorwürfe ist ein Erlass des Amtes von 2000, der ohne Absprache mit dem Innenministerium die Formel "Im Zweifel für die Reisefreiheit" vorsah und die Einreise deutlich erleichterte.

Danach stiegen die Visagesuche und -erteilungen drastisch an. Das Bundeskriminalamt warnte laut einem Bericht der "Welt" bereits im September 2001 vor einem Visa-Missbrauch in Osteuropa für Schleusungen gewarnt.

Die Zeitung berief sich auf ein vertrauliches Arbeitspapier des BKA, aus dem hervorgehe, dass ukrainische Schleuserbanden ganz bewusst deutsche Botschaften und Lücken in der Kontrolle nutzten, um Menschen mittels erschlichener Visa nach Europa zu schleusen. "Die Visa-Erschleichung ist die effizienteste Voraussetzung für international organisierte Schleusungskriminalität", zitiert die Zeitung aus dem Bericht.

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