Visa-Affäre:Fischer soll Volmer Entscheidungsbefugnis gegeben haben

Lesezeit: 2 min

Es gibt Neuigkeiten in der Visa-Affäre: Ein schimpfender Ex-Botschafter, ein bereits 2004 erfolgtes Eingeständnis des Auswärtigen Amtes und ein Vizekanzler, der seinem Staatsminister mehr Einfluss als üblich eingeräumt hat.

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hat Außenminister Joschka Fischer (Grüne) bei der Erstellung des Visa-Erlasses vom März 2000 seinem damaligen Staatsminister Volmer große Entscheidungsbefugnis gegeben.

"Bundesminister bittet die Vorlage Staatsminister Volmer abschließend vorzulegen", heißt es nach Angaben der Zeitung mit Datum vom 1. Februar 2000 auf einer Vorlage des Erlasses.

Fischer habe den Erlass, der zu einer liberaleren Visa-Vergabe führte, bei einer Hausbesprechung im AA am 23. November 1999 in Auftrag gegeben. An dem Treffen habe auch Volmer teilgenommen.

Die Vorschläge beider Grünen-Politiker seien dann in mehreren Vorlagen umgesetzt worden. Dass Volmer entgegen der üblichen Praxis unmittelbaren Einfluss auf einen Erlass hatte, habe damals den Unmut führender Diplomaten hervorgerufen.

Das Auswärtige Amt räumte nach einem Bericht des Spiegel bereits im Juli 2004 intern eingeräumt, durch die laxe Vergabe von Visa die Schleuserkriminalität erleichtert zu haben.

"...dem Angeklagten die Begehung seiner Straftaten erleichtert"

Das Magazin beruft sich auf eine für Außenminister Joschka Fischer verfasste Bewertung des Kölner Schleuserprozesses gegen den Deutsch-Ukrainer Anatoli Barg.

Der Jurist fühlte sich durch das AA bei seiner Arbeit behindert Daraus zitiert das Blatt: "Es ist nicht zu leugnen, dass von Seiten der beteiligten Behörden (Ausländerbehörde Köln, BMI, AA) Fehler begangen wurden, die dem Angeklagten die Begehung seiner Straftaten erleichtert haben."

Weiter heißt es, das Ministerium müsse sich vorwerfen lassen, dass bei Vorlage von Reiseschutzpässen nicht mehr ausreichend die ausländerrechtlichen Voraussetzungen bei der Visumerteilung geprüft worden seien.

Das Papier sei als Argumentationshilfe zu den Vorwürfen gegen die politische Leitung des AA erstellt worden, die Oberstaatsanwalt Egbert Bülles und Richter Ulrich Höppner erhoben hatten.

Ex-Botschafter spricht von "grüner Ideologie"

Die beiden Juristen hatten am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags ausgesagt und dabei schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben.

So erklärte Bülles, die organisierten Schleusungen seien "mit Hilfe und mit Kenntnis der Ministerien" geschehen. Höppner sagte, er habe sich durch das Auswärtige Amt in seiner Arbeit behindert gefühlt.

Der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Ernst-Jörg von Studnitz, kritisierte scharf die von Fischer durchgesetzte Visa-Politik. "Es war der Versuch, grüne Ideologie in praktische Plitik umzusetzen", sagte er laut Spiegel.

Insbesondere der so genannte Volmer-Erlass habe illegale Einreise leichter gemacht. Das Auswärtige Amt habe zu lange gebraucht, um auf die Missstände zu reagieren, und offenbar die Augen vor der Realität verschlossen, kritisierte Studnitz, der von 1995 bis 2002 Botschafter in Moskau war.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: