Vertrag von Lissabon:EU-Gipfel findet Minimalkonsens

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Die EU-Staaten haben beim Gipfel in Brüssel entschieden, auch nach dem Nein der Iren mit der Ratifizierung des Reformvertrags fortzufahren. Ein konkreter Weg aus der Krise ist jedoch weiter nicht in Sicht.

Die Europäische Union will die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon fortsetzen, vertagt jedoch die weitergehende Debatte über den Umgang mit dem irischen Nein zum EU-Vertrag.

Die schwierige Suche nach einem Ausweg: Angela Merkel diskutiert beim EU-Gipfel mit Nicolas Sarkozy und Jean-Claude Juncker (Mitte) (Foto: Foto: dpa)

"Der Europäische Rat hat Irlands Vorschlag zugestimmt, bei seinem Treffen am 15. Oktober 2008 auf das Thema zurückzukommen, um den Weg vorwärts zu prüfen", heißt es in dem Textentwurf des slowenischen EU-Vorsitzes, über den die Staats- und Regierungschefs im Laufe des Tages beraten wollten. Weiter heißt es: "Der Europäische Rat stimmt überein, dass mehr Zeit gebraucht wird, um die Lage zu analysieren".

Nun soll die EU-Vertragskrise im Oktober unter französischer Ratspräsidentschaft erneut besprochen werden. Allerdings hatte der irische Außenminister Micheál Martin bereits Erwartungen gedämpft, dass schon im Herbst der Weg zu einer Lösung der Krise freigemacht werden könne. Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte davor, zu lange zu zögern: "Wir müssen jetzt so zügig wie möglich die Arbeit an diesem Vertrag weiterführen."

Tschechien will bis Jahresende ratifizieren

Nach Angaben von Diplomaten einigten sich die Staats- und Regierungschefs allerdings darauf, dass die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags weitergehen soll. Außer Irland haben noch sieben weitere Mitgliedsstaaten das Vertragswerk nicht ratifiziert.

Wie am Vormittag bekannt wurde, will auch das tschechische Parlament den Reformvertrag trotz ihrer Vorbehalte bis zum Jahresende ratifizieren. Voraussetzung ist allerdings, dass das Verfassungsgericht des Landes keine Einwände erhebt. Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg sagte in Brüssel, es wäre gut, wenn sein Land den Vertrag ratifiziere, bevor es im Januar 2009 die EU-Ratspräsidentschaft übernehme. "Das ist, was ich annehme und wünsche."

Die Tschechen hatten als einziges Land nach dem Fehlschlag des EU-Vertrages von Lissabon beim Referendum in Irland eine Ratifizierung in Frage gestellt. Das Abgeordnetenhaus in Prag hat dem Vertrag bereits grünes Licht gegeben, doch der Senat legte das Dokument dem Verfassungsgericht zur Prüfung vor. Schwarzenberg sagte, wenn das Urteil des Gerichts im Oktober entsprechend ausfalle, könne im November ratifziert werden.

EU setzt auf Energiesparen

In dem Entwurf rufen die Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission zudem auf, steuerliche Schritte zu prüfen, um den Rekordpreisen beim Öl zu begegnen. Auch hier wurde eine Frist bis zum Herbst-Gipfel im Oktober gesetzt, um die verschiedenen Vorschläge aus Italien, Österreich und Frankreich zu prüfen.

Italien hatte eine sogenannte Robin-Hood-Steuer angeregt, die vor allem die großen Mineralölkonzerne treffen würde, die von den steigenden Preisen profitieren. Die Einnahmen sollten an Bedürftige verteilt werden. Österreich wiederum will mit Steuern die Spekulation bekämpfen, während Frankreich eine Senkung der Mehrwertsteuer ins Spiel brachte, um etwa die protestierenden Spediteure und Fischer zu besänftigen.

Deutschland hatte auf die Vorschläge mit Skepsis reagiert, da sie die Anpassung der Wirtschaft an die voraussichtlich dauerhaft hohen Energiepreise behindern würden. Zudem könnten Steuerentlastungen den Wettbewerb in der EU verzerren.

Im Abschlussdokument soll nun zwar erklärt werden, dass Hilfen für Arme in Betracht kämen, diese aber befristet und auf diese Gruppe beschränkt bleiben müssten. Auch in Deutschland wird unter anderem aus der SPD ein Sozialtarif für die Betroffenen gefordert.

Dem Papier zufolge verweist die EU aber vor allem auf ihr Klimapaket mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Zudem bezeichnet sie weitere Anstrengungen für eine höhere Energie-Effizienz und zum Energiesparen als nötig. Auch der Dialog mit den Öl-Förderländern solle verstärkt und mehr Transparenz auf den Märkten geschaffen werden.

© Reuters/AFP/dpa/beu/buma/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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