Verteidigungsministerium:Der Geist des Hauses

Der Kulturwandel ist vielleicht gewollt. Aber auf keinen Fall da.

Von Christoph Hickmann

Eine Kampagne ausländischer Nachrichtendienste, die Doppelpass mit böswilligen Medien spielen, um erst den Ruf einer deutschen Waffenschmiede zu ruinieren und sie dann von der Konkurrenz übernehmen zu lassen? Die Argumente, mit denen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums den Militärischen Abschirmdienst auf Kritiker des Gewehrs G 36 hetzen wollten, lassen auf fortgeschrittene Paranoia schließen - oder auf mutwillige Desinformation, um den Dienst zum Eingreifen zu bewegen. In jedem Fall belegt der Vorgang mal wieder, welcher Geist durch das Haus weht.

Ursula von der Leyen hat von diesem Vorgang nach eigenen Angaben erst jetzt erfahren - und die Dokumentenlage scheint diese Angaben zu stützen. Demnach lag der entsprechende Vermerk zwar in ihrem Büro vor, hat die Ministerin aber nicht erreicht. Aber wäre das eigentlich so viel weniger schlimm?

Von der Leyen ist mit dem Ziel angetreten, die Kultur dieses Hauses zu ändern. Sie setzte sich bewusst von manchem Vorgänger ab, der den einen oder anderen Sachverhalt lieber gar nicht kennen wollte. Stattdessen kündigte sie an, die heiklen Dinge genau wissen zu wollen. Und dann wird ihr ein derart skandalöser Vorgang nicht auf den Schreibtisch gelegt? Ein Untersuchungsausschuss zum G 36 könnte sich unter anderem mal der Frage widmen, wie weit man mit dem Kulturwandel im Ministerium eigentlich so ist.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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