Verschleppter Deutscher in Afghanistan:Taliban diktieren neue Bedingung

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Der zweite in Afghanistan verschleppte Bundesbürger ist nach Angaben der radikalislamischen Kämpfer am Leben. Die Taliban nennen eine neue Bedingung für die Freilassung.

Nach dem Tod eines der beiden in Afghanistan entführten Deutschen bangen die Behörden um das Leben der zweiten Geisel. Der Krisenstab des Auswärtigen Amts stand am Montag nach Worten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in engem Kontakt mit der afghanischen Regierung, um die Freilassung des Ingenieurs zu erreichen.

Vermummte Taliban-Kämpfer (Foto: Foto: Reuters)

Die Taliban haben unterdessen bestätigt, dass der Mann noch am Leben ist. "Der Deutsche und vier afghanische Geiseln, von denen wir gesagt haben, dass sie getötet wurden, sind noch am Leben", sagte Taliban-Sprecher Jussuf Ahmadi der Nachrichtenagentur AFP.

Bedingung für die Freilassung der Geiseln sei jedoch, dass die afghanische Regierung zehn Taliban-Kämpfer freilasse.

Berlin war immer davon ausgegangen, dass der Mann noch lebt - die Taliban dagegen hatten am Wochenende seinen Tod verkündet.

Steinmeier: "Wollen Gewissheit über Todesursache"

In Afghanistan waren vergangene Woche die beiden Deutschen Rüdiger D. und sein Kollege Rudolf B. zusammen mit mehreren Einheimische entführt worden. Die Leiche von Rüdiger D. wurde am Wochenende entdeckt. Noch ist unklar, woran er starb.

Sein Leichnam wurde am Montag nach Deutschland überführt. "Wir wollen Gewissheit über die Todesursache haben", sagte Steinmeier.

Vorgesehen sei deshalb eine eingehende Obduktion des in Geiselhaft verstorbenen Ingenieurs. Das Auswärtige Amt hatte am Sonntagabend bestätigt, dass die Leiche von Rüdiger D. Schusswunden aufwies.

Nach Informationen von Spiegel Online wurden bei einer ersten Obduktion in Kabul mehrere Brustschüsse entdeckt. Der deutsche Krisenstab gehe dennoch nicht von einer Hinrichtung des Deutschen aus. Das Auswärtige Amt stütze sich dabei vor allem auf die Aussage des frei gelassenen Eschak Noorsai, dem Bruder des afghanischen Parlamentssprechers. Er hatte ausgesagt, Rüdiger D. sei bei einem Marsch in die Berge zusammengebrochen. Kurz darauf hätten die Geiselnehmer auf ihn geschossen.

Rüdiger D. wusste um Gefahr

Rüdiger D. wusste um die hohe Gefahr, in die er sich begab. Das ZDF verbreitete Auszüge aus einem "heute.de"-Interview, das Redakteure telefonisch mit ihm im Juni vorigen Jahres geführt hätten. "Ich denke, Afghanistan ist ein Pulverfass", sagte er damals.

Seine Kollegen und er hätten beschlossen, das Land sofort zu verlassen, wenn nochmal etwas passiere.

Ungeachtet des Dramas um die Geiselnahme will die Bundesregierung den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan fortsetzen, wie Kanzlerin Angela Merkel am Sonntagabend bekräftigt hatte. Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, ohne militärischen Schutz wären die Fortschritte beim Wiederaufbau gefährdet. "Wir wollen eine zweite Aufbauwelle in Afghanistan", sagte er nach einer Telefonkonferenz des Parteipräsidiums.

Heil schloss eine Aufstockung der Zahl der deutschen Soldaten nicht aus. In der SPD ist die Beteiligung am US-geführten Anti-Terror-Einsatz wie auch die Entsendung von Tornado-Aufklärungsflugzeugen umstritten.

Taliban drohen mit Erschießung koreanischer Geiseln

Für 23 von radikal-islamischen Taliban-Kämpfern entführte Südkoreaner spitzte sich die Lage zu. Ihre Geiselnehmer stellten ein Ultimatum bis 16.30 Uhr am Nachmittag. Sollten ihre Forderungen bis dahin nicht erfüllt sein, werde mit der Erschießung der Geiseln begonnen.

Die Entführer fordern den Abzug südkoreanischer Soldaten aus Afghanistan und die Freilassung von Taliban-Häftlingen. Sie warnten vor einer gewaltsamen Befreiung der Geiseln. Afghanische Truppen hatten die etwa 70 Geiselnehmer südlich von Kabul eingekreist.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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