Verhaftung nach Brandstiftung:Betreuer: Masri konnte Trauma nicht aufarbeiten

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Sein Anwalt erhebt schwere Vorwürfe gegen Ex-Innenminister Schily. Nun spricht el-Masris Betreuer. Der Deutsch-Libanese sei in einer schwierigen Lage: Einerseits brauche er Ruhe, andererseits müsse er um seine Rehabilitation kämpfen. Masri schweigt weiter beharrlich.

Der wegen Brandstiftung in Neu-Ulm verhaftete Khaled el-Masri schweigt nach seiner Festnahme zu den Tatvorwürfen. Der 43-Jährige habe bisher lediglich Angaben zu seiner Person gemacht und werde derzeit in einem Bezirkskrankenhaus psychiatrisch behandelt, sagte der Sprecher der Memminger Staatsanwaltschaft, Johann Kreuzpointner.

"Die Ärzte müssen einen Zugang zu ihm finden", sagte Kreuzpointner. "Es hat sich abgezeichnet, dass es schwierig werden wird, dass er sich für die Ärzte öffnet." Masri habe nach seiner Festnahme in sich gekehrt gewirkt. Im Moment sehe die Staatsanwaltschaft in Vernehmungen keinen Sinn, sondern wolle abwarten, was die psychiatrischen Begutachtungen ergeben, erklärte Kreuzpointner. Bis Ergebnisse vorliegen, könnten aber Wochen oder auch Monate vergehen, fügte er hinzu.

Masris Anwalt Manfred Gnjidic hob hervor, die Tat sei aus einer "sehr bedrückenden psychischen Situation heraus" geschehen. Bei der Vernehmung am Donnerstag hätten die Beamten ein Wrack erlebt. "Sie sahen, da sitzt ein Mensch, der kann nicht mehr", sagte der Anwalt in Ulm. Die Tat seines Mandanten sei deswegen alles andere als logisch, sondern sehr merkwürdig.

"Tragischer Fall"

Der wegen Brandstiftung in einem Ulmer Großhandelsmarkt in die Psychiatrie eingewiesene Deutsche Khaled el-Masri hat nach Aussage seiner psychologischen Betreuer das Trauma seiner Verschleppung durch die CIA auch nach drei Jahren noch nicht aufarbeiten können.

Der organisatorische Leiter des Ulmer Behandlungszentrums für Folteropfer, Manfred Makowitzki, nannte el-Masri einen "tragischen Fall". El-Masri müsse sich einerseits um seine Rehabilitation bemühen, um nicht als Lügner dazustehen. Anderseits sei er aber gleichzeitig krank und brauche Ruhe, um eine Therapie in angemessener Weise machen zu können. Eine "traumaaufdeckende Arbeit" sei so leider nicht möglich gewesen, "und dann passieren solche Ausraster", sagte Makowitzki.

Seit Februar 2006 befindet sich el-Masri den Angaben zufolge bei der Ulmer Einrichtung in ambulanter Therapie. Die alle ein bis zwei Wochen stattfindenden Sitzungen hätten sich jedoch auf eine Stabilisierung el- Masris beschränken müssen, sagte Makowitzki. Seine öffentlichen Auftritte - etwa vor dem BND-Untersuchungsausschuss im Juni 2006 - hätten sein Erregungsniveau immer wieder zusätzlich erhöht.

Auf eine direkte Bearbeitung der traumatischen Erfahrungen, "eigentlich Bestandteil unserer Therapie", habe die zuständige Therapeutin daher verzichten müssen. Diese hätten sonst gewirkt, "als würde man jemanden von zwei Seiten gleichzeitig anzünden. Das überfordert jeden, selbst einen psychisch Gesunden."

Spielball von Interessen

Damit drei Jahre nach der Freilassung des vorübergehend von der CIA in US-Haft in Kabul verschleppten el-Masri dessen Trauma aufgearbeitet werden könne, müsse jetzt Ruhe einkehren, forderte Makowitzki. "Man müsste ihn rausnehmen aus dem öffentlichen Raum und Normalität einkehren lassen."

Das dürfe angesichts dessen Klage gegen mutmaßliche CIA-Agenten aber schwierig werden, sagte er. El-Masri sei zum "Spielball von Interessen und Mächten" auf der politischen Ebene geworden. Makowitzki kritisierte, es sei stets nur zugegeben worden, was der Untersuchungsausschuss ans Tageslicht gebracht habe. Wäre die Darstellung el-Masris von Anfang an bestätigt worden, "wäre manches nicht passiert".

Die Brandstiftung in einem Großhandelsmarkt in Neu-Ulm am Donnerstag habe ihn aufgrund der enormen psychischen Belastung el-Masris nicht besonders überrascht, sagte Makowitzki. Er gehe aber davon aus, dass dieser nur vorübergehend in der Psychiatrie sei und hoffe, dass trotz des "Ausrasters" die zweite Verlängerung der ambulanten Therapie genehmigt werde.

Bezüglich der Therapiefinanzierung illustriere der Fall el-Masri ein "massives Problem" der bundesweit etwa 20 Behandlungszentren für Folteropfer, ergänzte Makowitzki.

Da diese keine Kassenzulassungen besäßen, sei es für sie einfacher, beim Sozialhilfeträger die Krankenkosten für Asylbewerber bewilligt zu bekommen als bei den Krankenkassen diejenigen für Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis und andere gesetzlich Versicherte: "Das ist paradox." Die Genehmigung für die Therapie von Khaled El Masri sei in diesem relativ prominenten Fall mit zwei Anmeldeversuchen zwar noch vergleichsweise unproblematisch gewesen, sagte Makowitzki. "Aber da müsste eine politische Lösung herbeigeführt werden."

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