Venezuela: Referendum:Chavez droht - 200 Dollar fürs Öl?

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Mehr Macht will sich Venezuelas Präsident Chavez geben - mit einem Referendum. Sollte es scheitern, macht er die USA dafür verantwortlich und droht mit einem höheren Ölpreis.

Alle Macht dem Ersten im Land: Im südamerikanischen Erdölland Venezuela hat am Sonntag ein Referendum über eine sozialistische Verfassungsreform begonnen. Der von Staatschef Hugo Chávez geförderte Reformentwurf sieht unter anderem vor, die mehrfache Wiederwahl des Präsidenten zu gestatten.

Mehr als tausend nationale und internationale Wahlbeobachter werden laut der Wahlbehörde CNE den Urnengang überwachen. Nach jüngsten Umfragen wird eine äußerst knappe Entscheidung erwartet.

Der Präsident in Caracas hat seine festen Erwartungen - und er hat sein Feindbild. Wenn das Referendum zur Verfassungsreform scheitere, so erklärte er in einer Rede, dann seien daran allein die Amerikaner schuld. Die Konsequenz für diesen Fall: Er werde umgehend die Öllieferungen an die USA einstellen. Am Wochenende gab er sich noch radikaler. "Wenn wir nicht gewinnen, kriegt niemand unser Öl", wetterte Chávez. "Und dann steigt der Ölpreis auf 200 Dollar."

Bei Kundgebungen von Regierungsgegnern war es im November mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Am Sonntag gab es nach Medienberichten vorerst keine nennenswerten Zwischenfälle. Viele der Wahllokale hätten allerdings nicht pünktlich um 6 Uhr morgens (11 Uhr MEZ) geöffnet werden können, hieß es. Vor den Abstimmungszentren hatten sich bereits in der Nacht zum Sonntag lange Schlangen gebildet. Insgesamt sind 16,1 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen.

Zu den geplanten Änderungen gehören auch eine Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten von sechs auf sieben Jahre, die Abschaffung der Autonomie der Notenbank sowie die Einführung kooperativer Eigentumsformen. Laut Chávez soll die Reform den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" in Venezuela verankern und zur wirksameren Bekämpfung der Korruption beitragen. Er warf der Opposition und den USA vor dem Referendum vor, die Destabilisierung des Landes zu planen.

Angehörige Betancourts hoffen

Viel Hoffnung auf Chávez setzen Angehörige der kolumbianisch-französischen Geisel Ingrid Betancourt: Sie befürworten eine Fortsetzung der Vermittlungstätigkeit des Präsidenten für ihre Freilassung. Astrid Betancourt, die Schwester der im Februar 2002 von der kolumbianischen FARC-Guerilla verschleppten Grünen-Politikerin, sagte in der Nacht zum Sonntag im venezolanischen Fernsehen, sie hoffe, dass Chávez seine Bemühungen fortsetzen werde. Ähnlich äußerte sich Betancourts Mutter Yolanda Pulecio in der Sendung, an der auch die als Vermittlerin tätige kolumbianische Senatorin Piedad Córdoba teilnahm.

Chávez hatte am Samstag vor der Presse erklärt, er stehe weiter als Vermittler zur Verfügung. Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe hatte Chávez am 21. November von seiner Vermittlungstätigkeit entbunden und dies damit begründet, dass er entgegen einer Absprache Kontakt zum kolumbianischen Militär hatte. Sowohl die kolumbianische Regierung als auch die linksgerichteten Rebellen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) äußerten am Samstag den Wunsch, dass der französische Präsident Nicolas Sarkozy eine größere Rolle bei der Beilegung der Geiselkrise spielen werde.

Die kolumbianischen Medien veröffentlichten unterdessen einen Brief Betancourts an ihre Familie, in dem sie über ihre Geiselhaft schreibt: "Wir leben hier wie Tote." Die kolumbianische Regierung hatte am Freitag bei der Festnahme von FARC-Rebellen beschlagnahmte Videos, Fotos und Briefe von Betancourt freigegeben, die ihren Angaben zufolge von Ende Oktober stammen und das erste Lebenszeichen der 45-Jährigen seit August 2003 darstellen.

Auf den Bildern wirkte Betancourt stark abgemagert und apathisch. Die FARC-Guerilla fordert im Austausch für 45 von ihr festgehaltenen Geiseln die Freilassung von 500 Rebellen aus kolumbianischen Gefängnissen.

© dpa/AP/jja/bilu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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