Vattenfall übt Selbstkritik:"Wir waren unfähig, richtig zu kommunizieren"

Lesezeit: 2 min

Erst gab es im Kernkraftwerk Krümmel eine technische Panne, dann folgte eine kommunikationstechnische. Nun räumt der Mutterkonzern erstmals Fehler ein - von der Kernkraft in Deutschland wollen sich die Schweden aber nicht verabschieden.

Der schwedische Mutterkonzern des Kraftwerksbetreibers Vattenfall hat das Krisenmanagement des Unternehmens bei der jüngsten Pannenserie scharf kritisiert. Vorstandschef Lars Göran Josefsson sagte der Berliner Zeitung: "Es hat sich eine äußerst unglückliche Situation in Deutschland entwickelt." Aus der Pannenserie und dem Umgang damit sei eine "Frage des Vertrauens zu Vattenfall" entstanden. "Wir waren unfähig, richtig zu kommunizieren."

Vattenfall-Vorstandschef Lars Göran Josefsson hat Kommunikationspannen eingeräumt (Foto: Foto: dpa)

Personelle Konsequenzen wie die Entlassung des Chef der Kernkraftwerksparte, Bruno Thomauske, über die in den vergangenen Tagen spekuliert worden war, schloss Josefsson nicht aus. "Für solche Entscheidungen ist es aber noch zu früh", erklärte der Vorstandsvorsitzende des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall AB.

Nach Medienberichten wird Thomauske von der Berliner Konzernspitze verantwortlich gemacht für Fehlinformationen an Behörden und Öffentlichkeit nach den Bränden in Krümmel und Brunsbüttel Ende Juni.

Spekulationen um personelle Konsequenzen

Auf die Frage, ob er das Krisenmanagement selbst in die Hand genommen habe, sagte Josefsson weiter: "Ich bekomme tägliche Zwischenberichte und verfolge den Fall persönlich." Spekulationen über einen Ausstieg von Vattenfall aus der Atomstromproduktion in Deutschland wies Josefsson zurück. Derartige Berichte seien "vollständig der Phantasie entsprungen".

Zur weiteren Aufklärung des Störfalls im Atomkraft Krümmel vom 28. Juni werden am Montagnachmittag der Schichtleiter, der Werksfahrer sowie zwei weitere Beschäftigte des Reaktors von der Kieler Atomaufsicht befragt. Dabei sollen vor allem die von der Betreiberfirma Vattenfall angeführten Kommunikationsprobleme zwischen Schichtleiter und Werksfahrer untersucht werden.

Der am Freitagabend von Vattenfall vorgelegte Zwischenbericht zu dem Störfall wird nach Angaben Breuers derzeit von internen und externen Sachverständigen des Ministeriums ausgewertet. Es handele sich um ein sehr umfangreiches Dokument, das geprüft werden müsse.

Gabriel fordert schnellere Abschaltung von Atommeilern

Die für Reaktorsicherheit zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht werde am Donnerstag dem Sozialausschuss des Kieler Landtags einen schriftlichen Bericht dazu vorlegen und persönlich Rede und Antwort stehen, sagte Breuer.

Nach den Zwischenfällen in den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) eine frühere Abschaltung älterer Atommeiler gefordert. Deren Restlaufzeiten könnten auf neue übertragen werden, sagte Gabriel der Sächsischen Zeitung.

"Wenn alte Meiler abgeschaltet werden und jüngere dafür länger laufen, sinkt das Risiko und steigt die nukleare Sicherheit", warb Gabriel in der Zeitung für das vorzeitige Herunterfahren der alten Atommeiler. Die Vorfälle in Brunsbüttel und Krümmel seien "jedenfalls keine Werbeveranstaltungen für die Verlängerung von AKW-Laufzeiten".

Wegen des schlechten Krisenmanagements von Vattenfall sehen Eon und RWE laut Berliner Zeitung praktisch keine Chance mehr für längere Laufzeiten. Die Branchenkollegen seien massiv verärgert. Eon als Miteigentümer von Krümmel und Brunsbüttel fühle sich von Vattenfall ebenso schlecht informiert wie Behörden und Öffentlichkeit, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Unternehmenskreise. Der beantragten Laufzeitverlängerung für die Meiler Biblis A, Brunsbüttel und Neckarwestheim 1 werde wegen der Pannen nun so gut wie keine Chance mehr gegeben.

© sueddeutsche.de/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: