US-Wahlkampf:Obama, wie hältst du's mit der Religion?

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Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama wird die Gretchenfrage nicht los: Ein evangelikaler Priester wirft ihm vor, die Bibel falsch zu interpretieren und die amerikanischen Muslime sind enttäuscht von ihm.

"Ist das die Kampagne der Hoffnung, die Kampagne des Wandels?", fragt der muslimische Abgeordnete Keith Ellison in der New York Times. Eine rhetorische Frage - Ellison ist enttäuscht vom Wahlkampf des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama, der zwar die Worte von Wandel und Hoffnung zu seinen Markenzeichen gemacht habe, eine Gruppe jedoch nicht daran teilnehmen lasse: Die amerikanischen Muslime.

Keine Kopftücher im Hintergrund? Mitarbeiter von Barack Obama sollen muslimische Frauen daran gehindert haben in der Nähe des Kandidaten zu stehen. (Foto: Foto: AP)

Wie die New York Times berichtet, hätten die Muslime den schwarzen Politiker zunächst als Mann des Ausgleichs, der religiösen Toleranz und eines neuen diplomatischen Ansatzes im Nahost-Konflikt gefeiert. Doch bisher hält er die Religionsgruppe auf Abstand. Er habe er sämtliche Einladungen, eine Moschee zu besuchen, schlichtweg ignoriert. Zudem hätten Helfer Obamas zwei muslimische Frauen mit Kopftüchern unlängst daran gehindert, bei einer Wahlveranstaltung in der Nähe des Kandidaten zu stehen.

Jeder Zehnte glaubt, Obama sei ein Muslim

Inzwischen habe sich Obama für diesen Vorfall entschuldigt. Dennoch scheint er Angst zu haben, die große Gruppe der evangelikalen Wähler mit zu viel Nähe zu Muslimen zu verschrecken, schließlich ist das Misstrauen gegenüber dem Islam in den USA groß.

Ein Problem, mit dem der Kandidat schon seit Beginn seiner Kampagne zu kämpfen hat. Schon sein voller Name - Barack Hussein Obama - scheint beim weißen, protestantischen Durchschnittsamerikaner eine Assoziation mit dem Islam hervorzurufen. Noch immer glauben einer Umfrage des PEW Research Center zehn Prozent der US-Bürger, dass Obama Muslim sei.

Der Senator bestreitet dies immer wieder vehement - ein weiterer Grund, warum ihm viele Muslime beleidigt sind. "Wir erwarten eigentlich, dass er seinen Dementis hinzufügt, dass nichts falsch daran ist, Muslim zu sein", sagt Ellison der New York Times.

Ebenfalls konfliktbeladen ist die Beziehung Obamas zu den Evangelikalen. Einer ihrer prominentesten Vertreter, James Dobson, Vorsitzender der religiösen Organisation Focus on Family, hat dem Kandidaten in einer Radiosendung vorgeworfen, die Bibel falsch zu interpretieren.

"Entstellung der Heiligen Schrift"

Dobson warf dem Kandidaten eine "willkürliche Auslegung" der Heiligen Schrift vor. Obama entstelle die Heilige Schrift, um die Bibel seiner politischen Überzeugung und seiner "verwirrten Theologie" anzupassen. Besonders verurteilte der Priester eine Rede von Obama, in der dieser betonte, Bibelzitate könnten kein Vorbild sein für moderne Gesetze. Im Alten Testament würden selbst Steinigungen und die Sklaverei gerechtfertigt und das Essen von Schalentieren verboten.

Obama habe weiter behauptet, dass Jesu Bergpredigt so "radikal" sei, dass danach die Abschaffung des Verteidigungsministeriums zwingend sei. Damit "verunstalte" Obama die Heilige Schrift, erklärte Dobson. Man müsse bei der Auslegung der Bibel den geschichtlichen Kontext beachten.

Obama wehrte sich mit einer Gegenattacke: Dobson reduziere ein komplexes Thema auf kurze O-Töne.

Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die religiösen Gruppen in den USA Probleme mit dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten haben - und mit dem republikanischen übrigens auch.

Er würde eher zu Hause bleiben, als für John McCain zu stimmen, sagte Dobsin in der New York Times und bedauerte, dass der Kandidat sich nicht schärfer genug gegen Abtreibung und gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausspreche. "Das ist alles sehr enttäuschend", fasst der Priester die Meinung der Evangelikalen zusammen.

© sueddeutsche.de/dpa/bavo/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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