US-Wahlkampf der anderen Art:Tanz ums Weiße Haus

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Im US-Wahlkampf inszenieren sich die Protagonisten häufig und gerne selbst. Michelle Obama tanzte nun in einer Talkshow - dort schwang auch schon ihr Mann die Hüften.

Julia Troesser

Wie lange sollen amerikanische Truppen im Irak bleiben? Ist eine allgemeine Krankenversicherung sinnvoll? Wie kann der Terrorismus bekämpft werden? Diese politischen Inhalte des US-amerikanischen Wahlkampfes scheinen aktuell in den Hintergrund zu rücken.

Michelle Obama tanzt in der Talkshow von Ellen DeGeneres (Foto: screenshot: sueddeutsche.de)

Stattdessen dominieren andere Themen die Medien: Hautfarbe und Religionszugehörigkeit der Präsidentschafts- und Vizekandidaten, das Sexualverhalten ihrer Kinder - und nun auch tänzerische Fähigkeiten der Protagonisten.

Michelle Obama demonstrierte ihr Rhythmusgefühl am Montagabend in der Talkshow von Ellen DeGeneres. Schon Michelles Ehemann Obama war im Oktober vergangenen Jahres Studiogast bei der Talkerin und tanzte gemeinsam mit ihr zu einem Song von Beyoncé Knowles. Ellen DeGeneres und ihr Publikum bejubelten die - mehr oder weniger rhythmische - Darstellung.

Obama kämpfte damals noch mit Hillary Clinton um den Posten des demokratischen Präsidentschaftskandidaten und schien so bei den Wählern punkten zu wollen. Auch John McCain war im Mai zu Gast bei Ellen DeGeneres. Er nahm allerdings direkt zum Gespräch Platz. Die Tanzeinlage scheint also nicht Voraussetzung für den Talkshow-Besuch zu sein.

Michelle Obama aber schien den gemeinsamen Tanz mit Ellen DeGeneres zu Musik von Rihanna zu genießen. Auch die Talkmasterin und ihr Studiopublikum waren begeistert. Sie tanze viel besser als ihr Mann, bescheinigt die Gastgeberin. "Das sage ich ihm auch immer", stimmt Michelle Obama lachend zu.

Tänzerische Parodie

Die Erkenntnis, wer im Hause Obama besser tanzt, schien der amerikanischen Fernsehshow Mad TV nicht zu reichen. Die Show des Senders Fox - der zur republikanernahen News Corporation von Rupert Murdoch gehört - spielte als Reaktion auf Michelle Obamas Auftritt ein ironisches "Presidential Dance-Off" nach. Wer tanzt besser: Team Obama oder Team McCain?

Bei der Inszenierung dieses Wettbewerbs ließen die Macher kein Klischee aus: Das Ehepaar Obama - er mit angeklebten Ohren, sie wurde von einem Mann dargestellt - präsentierte eine HipHop-Show, während sich die John- und Cindy McCain-Darsteller übertrieben steif im Kreis drehten.

John McCain wurde von einem Asiaten gespielt, der den Republikaner älter und tattriger wirken ließ, als er tatsächlich ist, Cindys McCains toupierte Hochfrisur komplettierte das Bild des spießigen Ehepaares.

Die Parodie unterhielt das Publikum, indem sie bekannte Klischees noch verstärkte: der junge, lässige Obama kämpft gegen den alten Kriegs-Veteranen, der stets einen Stock verschluckt zu haben scheint.

Die Auftritte der Obamas bei Ellen DeGeneres - und auch die Mad TV-Parodie, an der die Kandidaten selbst ausnahmsweise unbeteiligt sind - zeigen erneut, dass der US-Wahlkampf wie kaum ein anderer von der Inszenierung lebt. In Deutschland wäre es wohl nur schwer vorstellbar, dass Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier in der Harald Schmidt-Show die Hüften schwingen.

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