US-Präsidentschaftswahl:John Kerry verliert an Boden

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Zum ersten Mal seit Monaten findet eine Mehrheit der US-Bürger offenbar, dass Präsident Bush eine zweite Amtszeit verdient. Gleich zwei Umfragen zeigen: Der demokratische Herausforderer liegt elf Prozentpunkte hinter dem Amtsinhaber zurück. Nun holt Kerry sich Rat bei Clinton.

Von Wolfgang Koydl

Acht Wochen vor der Wahl in den USA ist der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry in Umfragen weit hinter Amtsinhaber George W. Bush zurückgefallen.

In einem langen Telefongespräch holte er Rat bei Ex-Präsident Bill Clinton ein, der wegen einer Bypass-Operation in einer New Yorker Klinik lag.

Dem Vernehmen nach riet Clinton, Kerry solle Bush in Wirtschaftsfragen angreifen. Andere führende Mitglieder der demokratischen Partei forderten Kerry auf, eine härtere Gangart im Wahlkampf einzuschlagen, wenn er nicht Gefahr laufen wolle, die Abstimmung am 2.November zu verlieren.

Senator Christopher Dodd aus Connecticut erklärte, Kerrys Botschaft sei für die Wähler den Sommer über "konfus" und sein Wahlkampf "unfokussiert" gewesen.

Nach zwei jüngsten Umfragen, die im Auftrag der Nachrichtenmagazine Time und Newsweek verfasst wurden, liegt Bush mit jeweils elf Prozentpunkten vor seinem Herausforderer. Laut Time käme der Präsident auf 52 Prozent der Stimmen, wenn heute Wahlen wären, laut Newsweek erhielte er 54 Prozent.

Auf Kerry entfielen 41 beziehungsweise 43 Prozent. Auch in anderen Fragen schnitt Bush deutlich besser ab als Kerry. Zum ersten Mal seit Monaten fand wieder eine Mehrheit der befragten Wähler, dass der Präsident eine zweite Amtszeit verdiene.

Im Kerry-Lager wies man darauf hin, dass dieser Auftrieb für Bush unmittelbar nach dem Parteitag der Republikaner in New York zu erwarten gewesen sei.

Beide Kandidaten verstärkten den Wahlkampf

"Nach einer Woche ungebrochener Negativität werden wir jetzt zurückkämpfen und uns dabei auf Bushs Leistungsbilanz in der Wirtschaft, bei Arbeitsplätzen und im Gesundheitswesen stützen", erklärte Terry McAuliffe, der Vorsitzende der Demokratischen Partei.

Beide Kandidaten verstärkten unterdessen ihren Wahlkampf. Sie konzentrieren sich weiterhin auf die acht so genannten Swing-States, in denen bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 denkbar knappe Mehrheiten den Ausschlag gaben.

In vier dieser Staaten - Minnesota, Iowa, Pennsylvania und Ohio - liegen Bush und Kerry auch nach den jüngsten Umfragen weiterhin gleichauf.

Vor dem Hintergrund der Umfragen versetzte Kerry seinen Spitzenberater John Sasso auf eine weniger wichtige Position. Laut Newsweek beschimpfte er darüber hinaus in einem Wutausbruch seine Wahlkampfleiterin Mary Beth Cahill, zu spät auf die Kampagne der Vietnamveteranen reagiert zu haben, die Kerry seit Wochen vorwerfen, nicht die Wahrheit über seine eigene Vietnamvergangenheit gesagt zu haben.

Cahill hatte erst zum Ende der Vorwahlsaison die Regie über Kerrys Wahlkampf übernommen. Sie gilt als Retterin des Senators aus Massachusetts, der damals scheinbar chancenlos weit hinter seinen demokratischen Mitbewerber Howard Dean und andere Kandidaten zurückgefallen war.

Schon damals wiesen Beobachter darauf hin, dass Kerry stets dann am stärksten kämpfe, wenn er hinten liege. "Er ist am besten, wenn er in die Ecke gedrängt ist", erklärte Paul Watanabe von der Universität von Massachusetts in Boston.

© SZ vom 7.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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