US-Pläne:Piraten in die Pleite treiben

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Piraterie ist ein einträgliches Geschäft. Die US-Regierung will deshalb Lösegeldzahlungen für gekaperte Schiffe verbieten. Eine radikale Idee. Die Reedereien sind in heller Aufregung.

Gunnar Herrmann

Piraterie ist am Horn von Afrika ein einträgliches Geschäft. Wie viel Lösegeld genau sie für einen gekaperten Frachter zahlen, verraten die Reedereien aber meistens nicht. Doch angeblich sind mehrere Millionen US-Dollar durchaus üblich.

Es gibt in dem verarmten Bürgerkriegsland Somalia wohl kaum eine andere Branche, die so hohe Gewinne verspricht. Dieses Grundproblem muss früher oder später jeder lösen, der die Seeräuberei bekämpfen will. Die US-Regierung hat dazu nun eine radikale Idee entwickelt: Sie will es mit Hilfe von Anti-Terror-Gesetzen international verbieten, dass Lösegeld an Piraten gezahlt wird. Die Reedereien sind wegen des Vorschlags, der noch intern diskutiert wird, in heller Aufregung. Sie fürchten um die Sicherheit ihrer Mannschaften.

Die dänische Zeitung Berlingske Tidene berichtete am Dienstag, dass der internationale Reederverband ICS seine Mitglieder aufgefordert habe, bei ihren jeweiligen Regierungen gegen die US-Initiative zu kämpfen. Peter Hinchliffe vom ICS bestätigt, man sei sehr besorgt. Die somalischen Seeräuber seien zudem gewöhnliche Kriminelle, keine Terroristen. Diese Meinung wird aber nicht von allen geteilt. Einige Beobachter warnen schon länger davor, dass die Verbindungen zwischen den Piraten und den radikal-islamischen Al-Shabaab-Milizen in Somalia enger werden. Al-Shabaab werden gute Kontakte zum Terrornetzwerk al-Qaida nachgesagt. Die Befürchtung ist, dass die Lösegeld-Millionen letztlich in die Planung von Anschlägen fließen könnten.

In den USA ist die somalische Piraterie ein großes Thema, seit im April 2009 die Maersk Alabama am Horn von Afrika überfallen und ihr amerikanischer Kapitän gekidnappt wurde. US-Spezialtruppen beendeten das Geiseldrama mit gezielten Schüssen, drei Entführer starben. In Washington wurde danach der Ruf nach einer härteren Gangart laut. Die nun gestartete Initiative greift diese Forderungen auf. Sie zielt darauf ab, die somalischen Empfänger des Lösegelds mit Hilfe des UN-Sicherheitsrats weltweit als Terroristen zu ächten.

"Der Vorschlag ist menschenverachtend"

Jede Zahlung an sie wäre dann verboten. Die Überlegung dahinter ist einfach: Eine Branche, die keine Gewinne macht, geht ein. Die Reeder aber brächte das in ein Dilemma. Zahlen sie nicht, riskieren sie das Leben ihrer Mannschaft. Zahlen sie trotz Verbots, müssen sie Strafen befürchten. Unter anderem dürften sie dann wohl keine amerikanischen Häfen mehr anlaufen.

"Der Vorschlag ist menschenverachtend", sagt Jan-Thiess Heitmann, Justitiar beim Verband Deutscher Reeder (VDR). Derzeit befinden sich in Somalia etwa zwölf Schiffe und mehr als 200 Seeleute in der Gewalt von Piraten. Ein Lösegeldverbot könne da Leben kosten, sagt Heitmann. Er hält die Idee der USA auch für unvereinbar mit dem Grundgesetz, schließlich gelte die Arbeitgeber-Fürsorgepflicht. Die Bundesregierung hat ein juristisches Gutachten zu der Frage erstellt und teilt die Bedenken. Einer Sprecherin des Verkehrsministeriums zufolge lehnt Berlin das Ansinnen aus Washington ab. Lösegeld müsse eine Option bleiben, sagt sie, was freilich nicht heiße, dass es immer gezahlt werden solle.

Falls Washington sich durchsetzt, würde vermutlich kaum noch ein Reeder Schiffe durch den Suez-Kanal und den Golf von Aden schicken. Die Strecke ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Am schlimmsten betroffen wäre der Osten Afrikas, meint Heitmann. Dort könne man einige Häfen dann gar nicht mehr anlaufen, mit verheerenden Folgen für die ganze Region.

© SZ vom 24.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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