US-Offerte im Fall Kurnaz:Was ist ein Angebot?

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Die Bundesregierung nennt das Angebot der USA, Murat Kurnaz frei zu lassen, nicht ernst gemeint.

Peter Blechschmidt.

Die Diskussion über ein mögliches Fehlverhalten der früheren rot-grünen Bundesregierung im Fall des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz konzentriert sich auf die Frage, ob es ein ernstgemeintes Angebot der Amerikaner gegeben hat, Kurnaz freizulassen.

Während aus zahlreichen Dokumenten hervorgeht, dass höchste Beamte der Bundesregierung und der Nachrichtendienste immer wieder ein solches Angebot erörtert und letztlich abgelehnt haben, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD): "Ich kenne kein solches Angebot."

Steinmeier war in der rot-grünen Regierung Chef des Kanzleramtes und Koordinator der Geheimdienste, damit also zumindest politisch verantwortlich. Er steht deshalb im Mittelpunkt der aktuellen Auseinandersetzung über mögliche Versäumnisse der damaligen Regierung.

Steinmeiers Sprecher Martin Jäger sagte am Mittwoch in Berlin zu der Frage, ob es eine US-Offerte in Sachen Kurnaz gegeben habe: "Ein Angebot setzt voraus, dass diejenigen, die es machen, es auch einlösen können."

"Angebot nicht realistisch"

Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg ergänzte, wenn auf der sogenannten Arbeitsebene die Möglichkeit einer Freilassung erörtert worden sein sollte, so könne dies nicht als Angebot verstanden werden, weil eben diese "Bediensteten" es nicht hätten verwirklichen können.

Im Juni 2006 hatte der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, in einem Interview der Zeit auf die Frage nach dem angeblichen US-Angebot geantwortet: "Das Angebot war aus verschiedenen Gründen nicht realistisch." Und auf Nachfrage sagte Uhrlau: "Wir haben nicht leichtfertig entschieden."

Uhrlau war unter Rot-Grün Abteilungsleiter für die Nachrichtendienste im Kanzleramt und an den Entscheidungen in Sachen Kurnaz beteiligt. Auf Fragen nach der Ernsthaftigkeit des von Uhrlau angesprochenen "Angebots" verwies Regierungssprecher Steg auf den BND-Untersuchungsausschuss des Bundestags, der all diese Fragen klären müsse. Dort werde sich auch Uhrlau äußern.

Scharfe Kritik äußerten Steg und Jäger am Sonderausschuss des Europäischen Parlaments zu Aktivitäten des US-Geheimdienstes CIA. In seinem am Dienstag in Brüssel mit Mehrheit verabschiedeten Bericht hatte der Ausschuss festgestellt, "vertraulichen institutionellen Informationen zufolge" habe "die deutsche Regierung das Angebot der Vereinigten Staaten aus dem Jahre 2002 , Murat Kurnaz aus Guantanamo freizulassen, nicht angenommen".

Steg sagte, der Bericht enthalte keine Quellenangaben, keine Fundstellenhinweise und keine Bezüge und sei deshalb nicht überzeugend. Er sei "weit hergeholt und nicht belegt". In den Text seien viele Schlussfolgerungen eingeflossen. Jäger betonte, die entsprechende Passage sei nicht auf Informationen zurückzuführen, welche die Bundesregierung dem Ausschuss zur Verfügung gestellt habe. Die Darstellung beruhe auf Hörensagen. Es seien Dinge aus dem Zusammenhang gerissen, die sich so nicht halten ließen.

© SZ vom 25.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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