Unterschrift verweigert:Köhler stoppt Verbraucherinformationsgesetz

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Zum zweiten Mal innerhalb von sechs Wochen hat der Bundespräsident ein Gesetz nicht ausgefertigt. Er ist Ansicht, dass das neue Verbraucherinformationsgesetz gegen ein Grundgesetz-Verbot verstößt: Neuerdings darf der Bund den Kommunen keine Aufgaben mehr übertragen.

Konkret laufe es dem Artikel 84 der Verfassung zuwider, das es dem Bund verbietet, per Gesetz den Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben zu übertragen. Dies ist ein Ergebnis der Föderalismusreform, die am 1. September in Kraft getreten ist. Gemeinden können Aufgaben nur noch durch Landesgesetze übertragen bekommen.

Köhler schließt sich damit den Bedenken an, die im Bundesrat bereits von den Ländern Berlin, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein geäußert worden waren.

Behörden sollten mit dem Gesetz verpflichtet werden, an Verbraucher Informationen über ein bestimmtes Produkt oder einen Hersteller herauszugeben, zum Beispiel über die Pestizidbelastung von bestimmten Gemüsesorten oder die Abfüllpraxis bei bestimmten Unternehmen. Geplant war eine Bearbeitungsfrist der Behörden von maximal vier Wochen.

Verbraucherschutzministerium will schnell handeln

Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) will zügig ein überarbeitetes Gesetz vorlegen. "Die Entscheidung des Bundespräsidenten respektieren wir selbstverständlich", sagte die Sprecherin der Ministeriums, Ulrike Hinrichs, am Freitag unmittelbar nach Köhlers Entscheidung. "Für uns gibt es aber keinen Zweifel an der Notwendigkeit eines Verbraucherinformationsgesetzes."

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit sei von allen beteiligten Ressorts und dem Kanzleramt mitgeprüft worden, sagte Hinrichs. "Es gab dabei keine verfassungsmäßigen Bedenken." Die Bundesregierung wolle das Gesetz zum Schutz der Verbraucher in einem neuen Anlauf "schnell auf den Weg bringen".

Laut Pressemitteilung des Bundespräsidialamtes ist auch Köhler der Ansicht, dass "den berechtigten Belangen des Verbraucherschutzes sehr schnell durch die erneute Verabschiedung des Gesetzes ohne die verfassungsrechtlich unzulässige Aufgabenzuweisung Rechnung getragen werden" kann.

Seine Entscheidung, das Gesetz nicht auszufertigen, teilte Köhler in gleich lautenden Briefen der Bundeskanzlerin Angela Merkel, sowie den Präsidenten von Bundestag und Bundesrat mit.

Mit dem Nein Köhlers zum Verbraucherinformationsgesetz haben Bundespräsidenten in der Geschichte der Bundesrepublik erst achtmal einem Gesetz die Ausfertigung verweigert. Vor sechs Wochen hatte Köhler der Neufassung des Flugsicherheitsgesetzes seine Unterschrift verweigert.

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