Unterricht:"Ein Lehrer ist zu wenig"

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Sozial benachteiligte Kinder haben es in Schulen schwer. Die Schulleiterin Maike Schubert erklärt, wie alle Kinder gefördert werden können.

Interview von Matthias Kohlmaier

Maike Schubert leitet die 2016 mit dem Deutschen Schulpreis prämierte Freiherr-vom-Stein-Gemeinschaftsschule in Neumünster.

SZ: Frau Schubert, wie muss Unterricht sein, damit Kinder mit weniger guten Voraussetzungen nicht zurückbleiben?

Maike Schubert: Er sollte auf die heterogener werdende Schülerschaft eingehen. Dafür müssen wir wegkommen von der Konkurrenzorientierung. Und dafür sorgen, dass jedes Kind auf seinem individuellen Lernweg die möglichen Ziele erreicht.

Nicht einfach, wenn ein Lehrer allein 30 Schüler individuell fördern soll.

Absolut, deswegen ist ein Lehrer pro Klasse auch zu wenig. Bei uns sind Lehrer nicht nur Wissensvermittler, sondern hauptsächlich Lernbegleiter. Sie müssen auch Zeit für Beziehungsarbeit haben - gerade mit sozial benachteiligten Schülern.

Also Schluss mit Frontalunterricht?

Ja, der ist gerade für leistungsschwache Kinder sinnlos. Wie soll ich jemanden, der nur geringes Vorwissen mitbringt, im für alle gleich schnell voranschreitenden Unterricht fördern?

Ihre Schule hat 2016 den Deutschen Schulpreis bekommen. Was läuft bei Ihnen besser als anderswo?

Wir haben den Unterricht so umstrukturiert, dass jedes Kind in seiner eigenen Geschwindigkeit an seinen eigenen Baustellen arbeiten kann. Die Stärkeren können Gas geben, die Schwächeren brauchen eben etwas länger. Außerdem haben wir Noten, soweit möglich, abgeschafft. Stattdessen bekommen die Schüler ausführlich Rückmeldung zu ihrer Entwicklung und klären mit dem Lehrer, woran sie noch arbeiten sollten.

Wie motivieren Sie die Schüler, wenn nicht über gute Noten?

Wir definieren Schule nicht so, dass es nur um kognitive Leistung in den Fächern geht, sondern versuchen, den Kindern auch sonst Erfolge zu ermöglichen. Gerade den Schwächeren bringt es sehr viel, wenn sie auf dem Fußballplatz oder in der Werkstatt zeigen dürfen, dass sie etwas toll können. Eine gute Leistung außerhalb des Klassenzimmers steigert die Motivation für die nächste Mathestunde ungemein.

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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