Unter massivem Druck der SPD:Grüne billigen "unsinniges" Raketen-System

Lesezeit: 2 min

"Das ist uns überhaupt nicht leicht gefallen", sagte der Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer. Die grüne Basis ist dennoch entrüstet.

Von Robert Roßmann

Unter massivem Druck der SPD haben die Grünen der Anschaffung des Raketen-Abwehrsystems Meads zugestimmt, obwohl sie dieses für unsinnig halten.

Der Parteirat votierte am Montag einstimmig dafür, das Projekt nicht weiter zu blockieren. "Das ist uns überhaupt nicht leicht gefallen", sagte der Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer. Die Entscheidung löste an der grünen Basis Entrüstung aus.

Der Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Frithjof Schmidt, sagte, der Druck der SPD sei "nicht nachvollziehbar". Meads werde den Grünen, aber noch viel mehr den Sozialdemokraten, im Wahlkampf schaden. Vor allem SPD-Stammwählern sei nicht zu vermitteln, dass hier Milliarden für ein umstrittenes Rüstungsprojekt ausgegeben würden, während im Sozialsektor gekürzt werde.

Bereits am Mittwoch soll der Haushaltsausschuss den deutschen Entwicklungsbeitrag in Höhe von 847 Millionen Euro billigen. Die Beschaffungskosten für die avisierten zwölf Feuereinheiten beziffert das Verteidigungsministerium sogar auf 2,85Milliarden Euro. Meads (Medium Extended Air Defense System) soll in zehn Jahren das veraltete Abwehrsystem Patriot ablösen.

Der Bundesrechnungshof warnt

Das neue System ist ein Gemeinschaftsprojekt Deutschlands mit den USA und Italien. Da Washington und Rom eine Entscheidung bis 25.April angemahnt hatten, konnte die Bundesregierung ihren Beschluss über eine deutsche Beteiligung nicht auf die Zeit nach der NRW-Wahl am 22.Mai verschieben.

Angesichts dieses Zeitdrucks hatte Grünen-Fraktionschefin Krista Sager zuletzt mehrere Gespräche mit Verteidigungsminister Peter Struck, SPD-Chef Franz Müntefering und dem Chef des Kanzleramtes, Frank Walter Steinmeier, geführt. Dabei musste Sager feststellen, dass die SPD unter keinen Umständen von Meads abrücken wird.

In Parteikreisen hieß es, eine Ablehnung durch die Grünen hätte eine Krise in der Koalition ausgelöst. Diese habe aber keiner in Kauf nehmen wollen.

Sager versuchte deshalb zusammen mit dem grünen Verteidigungsexperten Winfried Nachtwei, wenigstens noch Konzessionen in anderen Bereichen zu erreichen. Dabei erzielten die Grünen vier kleinere Erfolge. So verzichtet die Koalition in dieser Legislatur jetzt auf die Beschaffung der Panzerabwehr-Rakete Pars3 - dadurch werden 343 Millionen Euro gespart.

Außerdem sagte das Verteidigungsministerium zu, veraltete Streumunition und Antifahrzeug-Minen schneller als geplant zu reduzieren und den "Aktionsplan Zivile Krisenprävention" mit mehr Geld auszustatten.

Die Bundesregierung hatte bereits im Juli und Oktober2004 der Nato mitgeteilt, sich mit Meads an der Luftverteidigung der Allianz zu beteiligen. Um die internationale Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren, beharrten die SPD und vor allem Struck jetzt auf dem Projekt.

Der Bundesrechnungshof hat bereits vor den finanziellen Risiken des Milliardenprojekts für den Bundeshaushalt gewarnt. Außerdem bezweifeln Experten den militärischen Sinn von Meads.

© SZ vom 19.04.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: