Unruhen in Tibet:Mönche protestieren vor Journalisten

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Erstmals seit den Unruhen ist zwei Dutzend ausländischen Journalisten wieder die Einreise nach Tibet erlaubt worden - prompt kam es erneut zu Protesten unter den Mönchen. Amnesty International warf den Sportverbänden unterdessen Blauäugigkeit vor.

Bei der ersten Reise ausländischer Journalisten nach Tibet haben rund 30 Mönche am Donnerstag in Lhasa gegen die Einschränkung der Religionsfreiheit protestiert. "Tibet ist nicht frei. Tibet ist nicht frei", schrie ein junger Mönch.

Zwischenfall am Jokhang-Tempel in Lhasa: Ein Mönch blickt in die Kamera eines Fotografen. (Foto: Foto: AP)

Der Dalai Lama trage keine Schuld an den jüngsten Ausschreitungen, erklärten die Mönche. Regierungsangestellte versuchten daraufhin, die 26 ausländischen Journalisten von den protestierenden Mönchen wegzudrängen.

"Sie wollen, dass wir den Dalai Lama vernichten, aber das ist nicht richtig", sagte ein Mönch während des etwa 15 Minuten langen Zwischenfalls vor dem Jokhang-Tempel, einem der bedeutendsten religiösen Orte in Tibet. Die Mönche sagten, sie wüssten, dass sie wegen des Protests vermutlich verhaftet würden.

"Der Dalai Lama hatte damit nichts zu tun", sagte ein Mönch in Bezug auf die gewaltsamen Unruhen vom 14. März. Nach offiziellen chinesischen Angaben starben dabei 22 Menschen. Andere Quellen sprechen jedoch von bis zu 140 Menschen bei den Ausschreitungen und der anschließenden Niederschlagung.

Peking sieht im Dalai Lama den Drahtzieher, der die Proteste organisiert haben soll. Der Friedensnobelpreisträger hat sich jedoch deutlich gegen Gewalt als politisches Mittel ausgesprochen. Nach dem Ausbruch der Unruhen riegelte die Regierung Tibet ab und wies Touristen und ausländische Journalisten aus.

Die am Mittwoch begonnene Reise schien vor allem ein Ziel zu haben: der Weltpresse zu zeigen, dass in Tibet wieder Ruhe eingekehrt sei. Der Protest am Jokhang-Tempel hat die Pläne der akribisch durchorganisierten Reise für die 26 ausländischen Journalisten vorerst durchkreuzt.

Unterdessen hat die Menschenrechts-Organisation Amnesty International das Internationale Olympische Komitee (IOC) und den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) wegen deren Reaktion auf die Proteste in Tibet scharf kritisiert.

"Die Sportverbände machen sich keine ernsthaften Gedanken darüber, wie die Menschenrechtslage in Tibet verbessert werden kann", sagte Dirk Pleiter von der deutschen Amnesty-Sektion den Ruhr Nachrichten. "Sie setzen darauf, dass Olympische Spiele automatisch die Kraft des Guten sind. Das ist verantwortungslos und blauäugig", erklärte Pleiter.

Das IOC hat sich entschieden gegen einen Boykott der Olympischen Spiele (8. bis 24. August) ausgesprochen; der DOSB hat erklärt, eine Mannschaft nach Peking zu entsenden.

UN-Rat soll sich mit Tibet befassen

Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat sich unterdessen zu Tibet geäußert: Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen solle sich mit der Tibet-Krise befassen, forderte Human Rights Watch.

Es sei skandalös, wenn der Rat diejenigen zum Schweigen bringe, die sicherstellen wollten, dass das Gremium seine Arbeit tue, erklärte die Menschrechtsorganisation am Donnerstag. Zwar hätten Australien, die EU, die Schweiz und die Vereinigten Staaten versucht, das Thema Menschenrechtsverletzungen bei einer Sitzung des Rates zur Sprache zu bringen.

Doch sei dies von China mit Unterstützung Algeriens, Kubas, Pakistans, Sri Lankas und Simbabwes verhindert worden.

Die chinesischen Behörden greifen trotz der heftigen internationalen Diskussionen weiter hart gegen Demonstranten in Tibet und benachbarten Provinzen durch.

US-Präsident George W. Bush appellierte an seinen chinesischen Kollegen Hu Jintao, das Gespräch mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter, dem Dalai Lama, zu suchen. Die Führung in Peking sieht im Dalai Lama den Hauptverantwortlichen für die Unruhen in der Region und beschuldigt ihn, den Aufstand absichtlich wenige Monate vor Beginn der Olympischen Sommerspiele angezettelt zu haben. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter bestreitet dies.

© AP/dpa/rtr/gdo/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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