Unruhen in Haiti:Massive Proteste gegen hohe Lebensmittelpreise

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Als Reaktion auf steigende Lebensmittelpreise haben in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince Tausende Demonstranten Straßenbarrikaden errichtet und Banken und Geschäfte verwüstet oder geplündert.

In dem seit Tagen von Proteste gegen hohe Lebensmittelpreise erschütterten Karibik-Staat Haiti hat sich die Lage weiter zugespitzt. Tausende vor allem jugendliche Demonstranten zogen am Dienstag in die Wohngebiete der Wohlhabenden in Port-au-Prince.

UN-Blauhelmsoldaten sichern den Präsidentenpalast in Port-au-Prince. (Foto: Foto: AP)

Sie errichteten Straßenbarrikaden, drangen in Bankfilialen und Geschäfte ein, zerschlugen Fensterscheiben, plünderten und verwüsteten Supermärkte und zündeten Hunderte Autos an.

Einheiten der nationalen Polizei und der UN-Blauhelmtruppe Minustah verhinderten mit Warnschüssen und Gummigeschossen, dass die wütende Menschenmenge den Präsidentenpalast im Zentrum stürmte. Auch auf dem internationalen Flughafen der Stadt waren UN-Blauhelme gegen die Demonstranten im Einsatz.

"Die Behörden haben die Lage nicht mehr unter Kontrolle", sagte ein Bewohner am Telefon. Es werde befürchtet, dass die Unruhen am Mittwoch fortgesetzt würden, wenn die Regierung nicht energisch einschreite. Trotz der massiven Verwüstungen waren die Polizei und die internationale Stabilisierungstruppe zunächst nicht gegen die Demonstranten vorgegangen.

Die Unruhen waren am vergangenen Donnerstag in Les Cayes im Süden Haitis ausgebrochen. Bisher sind in verschiedenen Städten des ärmsten amerikanischen Staates fünf Menschen bei gewalttätigen Protesten ums Leben gekommen. Die Regierung beschuldigt organisierte Drogenkriminelle, die Unruhen provoziert zu haben.

"Zerbrechlicher Fortschritt"

Unterdessen forderte Minustah-Chef Heidi Annabi mehr Unterstützung für den Demokratisierungsprozess in Haiti. Die Arbeit der Vereinten Nationen müsse durch bilaterale Hilfe und internationalen Beistand verstärkt werden, sagte Annabi am Dienstag vor dem Sicherheitsrat in New York.

Zwar hätten die Behörden Erfolge erreicht, der Fortschritt bleibe jedoch "außerordentlich zerbrechlich", sagte er. "Den Verantwortlichen in Haiti ist sehr klar, dass sie es nicht allein schaffen können. Sie werden weiterhin erhebliche Hilfe von außen brauchen."

Am 25. April findet in Port-au-Prince eine internationale Geberkonferenz statt, von der sich die Regierung des ärmsten Landes Amerikas Unterstützung für Haiti erhofft. 80 Prozent der Bevölkerung müssen dort mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen. Die Reispreise in dem Land haben sich in den vergangenen Monaten aber mehr als verdoppelt. Ein Sack mit etwa 60 Kilogramm Reis kostet mittlerweile 70 Dollar.

Haiti ist in Jahrzehnten der Diktatur wirtschaftlich und politisch völlig ruiniert worden. Die UN-Mission Minustah versucht seit Mitte 2004, dem Land den Weg in die Demokratie zu ebnen.

© AFP/dpa/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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