"Wir hatten große Angst und trauten uns nicht aus dem Haus", sagte die 55-jährige Annie Partouche, die im dritten Bezirk von Paris eine laute Explosion hörte und am Fenster sah, wie Flammen in den Nachthimmel schossen. Die Fassade des angrenzenden Wohnhauses wurde mit Ruß geschwärzt. In Drancy bei Paris nahmen Einwohner zwei 14-Jährige fest, die einen Brand legen wollten, und übergaben sie der Polizei. In Grigny ging ein Kindergarten in Flammen auf.
Innenminister Nicolas Sarkozy suchte in der Nacht zum Sonntag Einsatzkräfte in Evry und Créteil auf. In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung bezeichnete Sarkozy die gewaltsamen Jugendlichen als "Individuen ohne Glauben und ohne Gesetz". Die Polizei werde "Ruhe und Ordnung in jenen Gebieten wiederherstellen, die seit zu langer Zeit schon sich selbst überlassen worden sind". Sarkozy rief dazu auf, "diese Ereignisse nicht politisch auszubeuten".
In den Vorstädten nordöstlich von Paris setzte die Polizei Hubschrauber mit Beamten ein, die die Gruppen gewaltsamer Jugendlicher aus der Luft filmten. Etwa 2.300 Polizisten waren im Großraum Paris im Einsatz. Erstmals aber wurden in der Provinz mehr Autos in Brand gesetzt als in Paris und Umgebung: Von 918 Vorfällen gab es 373 in der Ile-de-France, 545 in anderen Regionen. Ein Schwerpunkt war die Stadt Evreux, rund 100 Kilometer westlich von Paris in der ländlichen Normandie gelegen. Dort wurden etwa 60 Autos sowie zahlreiche Geschäfte, ein Einkaufszentrum, eine Postfiliale und zwei Schulen angegriffen. Fünf Polizisten und drei Feuerwehrleute wurden verletzt.
Brandanschläge wurden aus dem ganzen Land gemeldet, im Süden unter anderem aus Avignon, Nizza, Cannes, Nantes, Toulouse und Marseille, im Norden aus Lille, Roubaix und Saint-Dizier sowie im Osten aus Straßburg, Mulhouse, Nancy, Metz und Thionville.
Die Unruhen begannen am 27. Oktober nach dem Tod von zwei Jugendlichen aus Mauretanien und Tunesien in Clichy-sous-Bois bei Paris. Diese hatten einen Stromschlag erlitten, als sie sich in einem Trafo-Häuschen vor der Polizei versteckten. Die Polizei hat keine Hinweise auf eine landesweite Koordination der Unruhen. Innerhalb einzelner Städte verständigen sich die gewaltsamen Jugendlichen aber mit Handy und E-Mail.