UN-Kriegsverbrechertribunal:Massaker von Srebrenica war Völkermord

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Die Berufungskammer in Den Haag widerspricht Anwälten des bosnisch-serbischen Generals Radislav Krstic: Die Ermordung von mehr als 7000 Männern und Jungen in Srebrenica sei symbolisch für das Schicksal aller bosnischen Moslems während des Krieges in Ex-Jugoslawien gewesen. Dennoch war der Angeklagte Krstic über das neue Urteil erleichtert.

Im Berufungsverfahren sprachen die Richter Krstic nun wegen Beihilfe zum Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig. Wegen fehlender Beweise für eine direkte Beteiligung an dem Massaker reduzierte das Gericht aber die Haftstrafe um elf auf 35 Jahre.

Strafmaß reduziert: der bosnisch-serbische General Radislav Krstic vor dem Kriegsverbrechertribunal. (Foto: Foto: AFP)

Gericht: Krstic wusste von den Morden

"Alle Beweise deuten darauf hin, dass er wusste, dass die Morde geschahen und dass er es (den wichtigsten Befehlshabern der bosnischen Armee) erlaubte, auf die unter seinem Kommando stehenden Truppen und Ressourcen zurückzugreifen, um sie möglich zu machen", erklärte das Gericht. Im August 2001 war Krstic als erster Angeklagter vor dem Tribunal wegen Völkermordes zu 46 Jahren Haft verurteilt worden.

Nun hat die Berufungskammer des UN-Tribunals für Ex-Jugoslawien erstmals den Tatbestand des Völkermordes im Zusammenhang mit dem Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 bestätigt. Dies kann auch Auswirkungen auf den Prozess gegen den ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic haben.

"Schandmal für die Verantwortlichen"

"Die Berufungskammer (...) nennt das Massaker von Srebrenica bei seinem richtigen Namen: Völkermord", sagte der Vorsitzende Richter Theodor Meron. "Die Verantwortlichen müssen mit diesem Schandmal leben, und es wird denen eine Warnung sein, die in Zukunft eine derart abscheuliche Tat in Erwägung ziehen."

Der 56-jährige Krstic hatte die bosnisch-serbischen Truppen bei der Einnahme Srebrenicas befehligt. Krstics Anwälte hatten Berufung gegen das Urteil vom August 2001 eingelegt. Sie bestritten, dass es sich bei den Ereignissen in Srebrenica um Völkermord gehandelt habe. Die Tötung von mehreren tausend Moslems nach dem Fall der damaligen UN-Schutzzone sei zwar schrecklich; umgebracht worden sei aber nur ein "geringfügiger Teil" der moslemischen Bevölkerung in Bosnien, weshalb nicht von Völkermord gesprochen werden könne, argumentierte die Verteidigung.

Mehr als 7000 Männer und Jungen umgebracht

Das Gericht befand, dass das Schicksal der bosnischen Moslems in Srebrenica nicht "geringfügig" gewesen, sondern "symbolisch" für das aller bosnischen Moslems sei.

Das Massaker von Srebrenica gilt als das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. In der damals unter UN-Schutz stehenden ostbosnischen Stadt wurden binnen weniger Wochen mehr als 7000 moslemische Männer und Jungen von serbischen Truppen getötet.

Als Hauptverantwortliche gelten der ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic und sein General Ratko Mladic, die immer noch gesucht werden.

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