Umstrittenes Sicherheitsgesetz:China schränkt Autonomie Hongkongs weiter ein

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Trotz internationaler Kritik billigt der Volkskongress das neue Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone.

Von Lea Deuber, München

Ungeachtet der massiven Kritik aus dem Ausland hat der chinesische Volkskongress am Donnerstag für das sogenannte Sicherheitsgesetz für Hongkong gestimmt. Das neue Gesetz soll den chinesischen Sicherheitsbehörden weitreichende Befugnisse in der früheren britischen Kolonie zugestehen. Bürgerrechtler befürchten den Verlust der Autonomie Hongkongs. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang verteidigte die Pläne nach Abschluss des Volkskongresses am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Das Gesetz werde "langfristig Stabilität und Wohlstand" in Hongkong sichern. Es diene der "beständigen Umsetzung" des Prinzips "ein Land, zwei Systeme", das "durch und durch" Chinas Politik sei. Nach dieser Formel wird Hongkong seit der Rückgabe an China autonom und mit mehr Freiheiten regiert, als im Rest von China. Laut dem Abkommen zwischen Großbritannien und China von 1984 sind den Menschen der Stadt diese Rechte noch bis 2047 zugesichert.

Die Äußerungen von Premier Li fielen am Donnerstag auffällig kurz aus. Er ging auch nicht auf die Drohung der US-Regierung von Mittwoch ein, der Stadt ihren Autonomiestatus zu entziehen. US-Außenminister Mike Pompeo hatte vor dem Kongress in Washington erklärt, dass die chinesische Sonderverwaltungszone wegen des zunehmenden Einflusses aus Peking seinen Sonderstatus als Finanzplatz verlieren könnte.

Bislang behandeln die USA Hongkong bei Handelsfragen als völlig autonom. So ist die Stadt etwa von den Strafzöllen der USA gegenüber China nicht betroffen. Hongkong verdiene diese Behandlung nicht mehr, sagte Pompeo: "Keine vernünftige Person kann angesichts der gegebenen Fakten behaupten, dass Hongkong noch einen hohen Grad der Autonomie habe." Das neue Gesetz sei die "jüngste desaströse Entscheidung in einer Serie von Aktionen", die fundamental Hongkongs Autonomie und Freiheiten untergrabe.

Die US-Botschaft bei den Vereinten Nationen in New York teilte zudem mit, dass China ein Treffen des Weltsicherheitsrats zum geplanten Sicherheitsgesetz für Hongkong blockiert habe. Nach den zur Corona-Pandemie erlassenen Regeln müssen alle 15 Sicherheitsratsmitglieder einem Treffen zustimmen. Der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun erklärte in einem Statement auf Twitter, China weise kategorisch den unbegründeten Antrag der USA auf ein Sicherheitsratstreffen zurück. "Gesetzgebung zur nationalen Sicherheit sind ausschließlich innere Angelegenheiten Chinas." Das habe nichts mit dem Mandat des Sicherheitsrats zu tun.

Schon in den vergangenen Tagen hatte die chinesische Regierung mehrfach vor einer Einmischung in innere Angelegenheiten Chinas gewarnt. Li wiederholte am Donnerstag dafür seinen Appell an die USA, zusammenzuarbeiten. "Die Entkopplung zweier großer Volkswirtschaften verschafft keiner Seite Vorteile und schadet zudem der ganzen Welt", sagte Li. Es gebe "starke gemeinsame Interessen".

In Hongkong führte der Beschluss am Donnerstag erneut zu Protesten. Am Wochenende waren Zehntausende gegen das Gesetz auf die Straße gegangen. Hunderte Menschen wurden festgenommen. Hongkongs Regierung unterstützt die Pläne Pekings. Regierungschefin Carrie Lam erklärte, die Zentralregierung dabei zu unterstützen, das Gesetz so rasch wie möglich zu vollenden. Am Donnerstag beriet das Hongkonger Parlament parallel über ein Gesetz, das "Respektlosigkeit" gegenüber der chinesischen Nationalhymne in Hongkong unter Strafe stellt.Lea Deuber

© SZ vom 29.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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