Umstrittene Sicherheitspläne:SPD wirft Schäuble Absicht zum Auftragsmord vor

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In der Großen Koalition eskaliert der Streit um die Sicherheitsvorschläge von Innenminister Schäuble. Schleswig-Holsteins SPD-Innenminister Ralf Stegner hält Schäuble für nicht mehr tragbar und unterstellt ihm gar die Absicht zum Terroristen-Auftragsmord. Auch der Bundespräsident rüffelte Schäuble.

Die Kritik der SPD an Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble wird immer schärfer. Der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner warf dem CDU-Politiker vor, mit überzogenen Vorschlägen zur Terrorabwehr die große Koalition zu gefährden. Zugleich stellte er dessen Eignung als Verfassungsminister in Frage. "Was Schäuble betreibt, hält eine Koalition nicht ewig aus", sagte der SPD-Politiker Bild am Sonntag.

Stegner forderte Regierungschefin Angela Merkel zu einem Machtwort auf: "Die Kanzlerin und Parteivorsitzende der CDU darf sich nicht länger vornehm zurückhalten. Frau Merkel muss sagen: Jetzt ist hier aber Schluss!"

Der Sprecher der sozialdemokratischen Innenminister unterstellte Schäuble parteipolitisches Kalkül: "Nach einem Terroranschlag in Deutschland will er sagen können: Hätte mich die SPD nicht gebremst, hätte es diesen Anschlag nicht gegeben." Wenn Schäuble so kalkuliere, entwickele sich das Ganze zur Koalitionsfrage, warnte Stegner.

"Sein Verhalten ist schäbig und kommt an die Grenze dessen, was man verantwortungsvolle Amtsführung nennen kann. Es stellt sich die Frage nach Schäubles Eignung als Verfassungsminister", fügte er hinzu.

Gerade weil er mit dem Bundesminister bislang in der Ausländerpolitik gut zusammengearbeitet habe, irritiere ihn die Maßlosigkeit sehr. "Was Schäuble vorschlägt, ist kaum zu glauben: Wenn deutsche Polizisten dazu eingesetzt würden, Terrorverdächtige umzubringen, wäre das nichts anderes als Auftragsmord."

"Es gibt Denkverbote, wo es um Folter und Todesstrafe geht"

SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Jörg Tauss warf Schäuble und der Union vor, bewusst Hysterie zu schüren. "Jeder geplante oder ausgeführte Terroranschlag irgendwo führen zu Anschlägen der Union auf Grundgesetz, Bürgerrechte und Pressefreiheit", kritisierte er.

"Es ist an der Zeit, dass sich Demokraten gegen Schäuble und den rechten Flügel der Union vernehmbar zur Wehr setzen." Nachdrücklich widersprach Tauss der Auffassung, es könne keine Denkverbote im Bereich der inneren Sicherheit geben: "Doch, Herr Schäuble. Es gibt in einer Demokratie Denkverbote, wo es um Folter, Todesstrafe durch die Hintertür, die Bedrohung von Grundrechten einschließlich der Pressefreiheit oder um die informationelle Selbstbestimmung geht."

CSU-Chef Edmund Stoiber ermahnte die Sozialdemokraten zur Fairness. In der Bild am Sonntag erinnerte er daran, dass die Union nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 aufs Engste mit dem damaligen SPD-Innenminister Otto Schily zusammengearbeitet habe. "Jetzt ist die SPD am Zug, anständig mit Unions-Innenminister Wolfgang Schäuble zusammenzuarbeiten."

Kritik an Schäuble äußerte auch Bundespräsident Horst Köhler. Das Staatsoberhaupt ermahnte den Innenminster zu mehr Zurückhaltung bei der Präsentation seiner Vorstellung von Terrorabwehr ermahnt.

Rüffel vom Bundespräsidenten

Zwar habe Schäuble als zuständiger Ressortchef die Aufgabe, "sich den Kopf zu zerbrechen" über geeignete Maßnahmen zum Schutz der Bürger. Allerdings halte er "die Art, wie die Vorschläge kommen", nämlich in einer Art Stakkato, für nicht optimal, sagte Köhler am Sonntag im ZDF-Sommerinterview.

Damit würden die Bürger unnötig verunsichert, befürchtet Köhler. "Persönliche Zweifel" habe er daran, dass etwa "die Tötung eines vermeintlichen Terroristen ohne Gerichtsurteil so von der leichten Hand" gemacht werden könne.

Schäuble hatte in einem Spiegel-Interview gesagt, die rechtlichen Probleme bei der Terrorabwehr in Deutschland reichten bis zu Extremfällen wie der gezielten Tötung, etwa im Fall einer Entdeckung des Terroristenführers Osama bin Laden. "Wir sollten versuchen, solche Fragen möglichst präzise verfassungsrechtlich zu klären und Rechtsgrundlagen schaffen, die uns die nötigen Freiheiten im Kampf gegen den Terrorismus bieten", sagte der Innenminister.

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