Umgang mit Robert Mugabe:Hauptsache Afrikaner

Lesezeit: 4 min

Einer von uns: Warum Südafrikas Präsident Thabo Mbeki den Kollegen Robert Mugabe aus Simbabwe nicht fallenlässt.

Daryl Glaser

Was läuft nur mit Thabo Mbeki schief? Menschen, die der Regenbogen-Nation Südafrika wohlgesinnt sind, waren perplex, als sie vor kurzem sahen, wie ihr Präsident seinem Amtskollegen aus Simbabwe, Robert Mugabe, die Hand streichelte.

Despotischer Präsident: Robert Mugabe (Foto: Foto: dpa)

Gilt Südafrika nicht weltweit als führender Verfechter der Menschenrechte, steht es nicht zumindest in Afrika an der Spitze, was die Renaissance von Moral und Demokratie betrifft? Warum schützt Mbeki einen Mann, der diese Renaissance der Lächerlichkeit aussetzt und bei dem er zudem über Einfluss verfügt, mehr als bei allen anderen afrikanischen Führern?

Die kurze Antwort ist: Keiner weiß wirklich, was im Kopf dieses reservierten, geheimniskrämerischen Menschen vorgeht. Die lange Antwort muss daher ein bisschen spekulativ sein. Sie beruht unter anderem auf Mbekis Schriften, Mutmaßungen von Medien sowie einer brillanten Biographie von Mark Gevisser.

Einen großen Teil der Antwort macht Mbekis Persönlichkeit aus. Der Präsident scheint durch eine innere Unsicherheit geleitet zu werden, verbunden mit einem Sinn für Schicksale, den ihm unter anderem sein berühmter, revolutionärer Vater Govan eingeflößt hat.

Diese Kombination könnte seinen trotzigen, nonkonformistischen Charakter erklären, seine gereizte Reaktion auf Kritik und seine Vorliebe für die Rolle des "Propheten in der Wildnis", der gegen den internationalen Konsens verstößt (wie er es ja auch weiterhin bei der Frage nach den Ursachen von Aids tut).

Hinzu kommt ein offensichtlicher Rassekomplex, eine Überempfindlichkeit gegen Kritik von Weißen. Wer denkt, für einen Anti-Apartheid-Kämpfer sei das kaum überraschend, dem sei gesagt: Dies war bei Mbeki nicht immer so. In den achtziger Jahren stand er im Ruf, derjenige ANC-Vertreter zu sein, mit dem reformbereite Weiße ins Geschäft kommen konnten - ein pfeiferauchender, in Sussex erzogener Black Englishman, der sowohl genial wie ideologisch gemäßigt war. Aber irgendwo auf seinem Weg hat er sich geändert.

In Mbeki haben der Engländer und der Afrikaner in ihm wohl lange miteinander gerungen, oder, um es anders zu sagen: Es gibt bei ihm eine Hassliebe zu allem, was weiß und westlich ist. (Dasselbe kann man übrigens über Mugabe sagen.)

Wenn irgend etwas den Präsidenten veranlasst hat, nach seinen afrikanischen Wurzeln zu suchen, dann wahrscheinlich das Gefühl, von zwei Sorten Kritikern belagert zu werden: weißen Liberalen auf der rechten sowie Kommunisten und Gewerkschaftern auf der linken Seite.

In Mbekis ziemlich paranoider Lesart haben sich diese beiden Gegner vereinigt. Wo diese beiden die Bedeutung von Rasse herunterspielen - im Namen eines nichtrassischen Bürgertums beziehungsweise einer nichtrassischen Klasse - , da lautet Mbekis Antwort, sich als rassenbewussten Pan-Afrikaner zu positionieren.

Simbabwe aber ist das letzte Theater, in dem eine solche Unterscheidung noch eine Rolle spielt: Mugabe wird von südafrikanischen Liberalen angegriffen, weil er eine Rassendiktatur betreibt, und von Gewerkschaftern, weil er eine Opposition (die Bewegung für Demokratischen Wandel, MDC) unterdrückt, die ihren Ursprung in einer Arbeiterbewegung hat. Und für Mbeki agieren beide Gruppen von Kritikern in Simbabwe auf Geheiß des Westens. (Laut seinem Bruder sieht der Präsident im MDC zudem den Vorboten einer gewerkschaftsgeführten Opposition, die eines Tages womöglich auch die Regierungspartei in Südafrika herausfordern könnte.)

Ein anderer, schon oft bemerkter Wesenszug Mbekis ist dessen Hang zum Leugnen. Der Präsident nimmt die Welt durch ein besonderes Narrativ wahr: das der afrikanischen Wiedergeburt.

Wenn er auf eine Handlung trifft, die dazu nicht passt - die Aids-Pandemie, der Zusammenbruch von Simbabwe, die Korruption bei der Polizei in Südafrika -, dann leugnet er einfach, dass es sie gibt. Mehr noch, er macht den Boten für den Inhalt der Nachricht verantwortlich und beschuldigt ihn des Rassismus (selbst wenn der schwarz ist).

Dieser Drang zur Verleugnung ist der Grund für Mbekis wiederholte Weigerung, den betrügerischen Charakter der Wahlen in Simbabwe zu erkennen, auch wenn dies noch so offensichtlich ist.

Ein weiterer Faktor mag Mbekis persönliche Verbindung zu Mugabe sein. Mbeki warb für eine Unterstützung von Mugabes ZANU-Partei durch den ANC zu einer Zeit (zu Beginn der achtziger Jahre), als der ANC noch mit der ZAPU verbunden war, dem Hauptrivalen Mugabes im nationalistischen Lager Simbabwes. Mbeki vertraut darauf, dass sich sein damaliger Einsatz für Mugabe noch auszahlen wird, dass sich seine Weitsichtigkeit noch herausstellen und er Grund zur persönlichen Zufriedenheit haben wird.

Schließlich ist Mbeki - trotz seiner gelegentlich radikalen Rhetorik - ein Mann des Status quo. Mit den Kollegen Machthabern scheint er sich wohl zu fühlen, auch wenn es ihm lieber wäre, sie regierten vor einer Fassade verfassungsmäßiger Legitimität.

Er fürchtet Populismus und ungeregelten Wechsel. Er bleibt der Doktrin verbunden, dass Staaten sich nicht gegenseitig in ihre Angelegenheiten einmischen sollten, und besonders allergisch reagiert er auf westliche Einmischung in Staaten der "Dritten Welt". Daher schützt der Präsident nicht nur Mugabe, sondern zum Beispiel auch die Junta von Birma.

Die Unterstützung von autoritären Regimes im Ausland bringt Mbeki und den ANC dabei weniger ins Dilemma, als viele annehmen. Obwohl der ANC eine liberal-demokratische Verfassung unterschrieben hat, hat er seinen leninistischen politischen Stil und Ehrgeiz nie aufgegeben. Und dafür ist Mbeki, der Unterhändler aus dem Hinterzimmer und Zentralisierer, der perfekte Hüter.

So gesehen ist Mbekis Simbabwe-Politik also wenig überraschend. Es ist an der Zeit, die Illusion aufzugeben, dass Mbekis stille Diplomatie dazu dient, einem ernsthaften Druck auf Mugabe diplomatischen Schutz zu geben.

Der Präsident mag rätselhaft sein, aber nur wenige ernsthafte Beobachter glauben, dass aus ihm noch ein moralischer Held erwächst. Allzu oft hat er jene enttäuscht, die dachten, Südafrika hätte etwas Anderes und Besseres anzubieten. Er wird das letzte Jahr seiner Präsidentschaft absolvieren, indem er in seiner komplexen Persönlichkeit und seiner leninistischen Vergangenheit gefangen bleibt.

Ein Held? Das ist er nur in seiner eigener Berechnung.

Daryl Glaser ist Professor für Politikwissenschaft an der Witwatersrand-Universität von Johannesburg, Südafrika. Übersetzung: Detlef Esslinger.

© SZ vom 3. Juli 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: