Umfrage unter 45.000 Soldaten:Miese Stimmung in der Bundeswehr

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Unter den Soldaten der Bundeswehr herrscht massive Unzufriedenheit: Drei von vier Berufssoldaten würden ihren Freunden und Bekannten den Dienst in den Streitkräften nicht empfehlen. Der Verteidigungsminister zweifelt die Studie an.

Nur knapp vier Prozent aller befragten Soldaten fühlen sich von der Politik unterstützt. Der Verbandsvorsitzende Bernhard Gertz forderte die Bundesregierung auf, bei der finanziellen Ausstattung der Armee "rasch und grundlegend" umzusteuern. Ansonsten drohe die Unzufriedenheit der Soldaten die Auftragserfüllung der Bundeswehr massiv zu beeinträchtigen.

Es sei höchste Zeit, dass im Verteilungskampf um knappe Ressourcen nicht nur die Baustellen Arbeits- und Sozialpolitik sowie Gesundheitspolitik, sondern auch die "Großbaustelle" Bundeswehr angemessen berücksichtigt werde, sagte Gertz weiter. Alle zutage getretenen Probleme ließen sich letztlich auf die spätestens seit Anfang der neunziger Jahre bestehende "massive Unterfinanzierung" der Armee zurückführen.

Auch das Urteil der Soldaten über die Auslandseinsätze der Bundeswehr ist Besorgnis erregend: 64 Prozent aller Befragten und sogar 70 Prozent der Berufssoldaten sind der Meinung, dass die Politik den Sinn von Auslandseinsätzen nicht ausreichend vermittelt.

Die persönliche Ausrüstung für solche Einsätze bewerten 67 Prozent der daran beteiligten Soldaten als "mittelmäßig", "schlecht" oder "sehr schlecht". Nur 24 Prozent von ihnen beurteilen die materielle Ausstattung im Auslandseinsatz als positiv. An der von der Universität Passau geleiteten Befragung beteiligten sich 45.000 der 210.000 Mitglieder des Bundeswehrverbandes.

"Hervorragend bewährt"

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung glaubt nicht an eine weit verbreitete Unzufriedenheit der Soldaten mit ihrem Beruf. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Wehrpflicht bekannte sich Jung zum Prinzip des Staatsbürgers in Uniform.

Bei einem feierlichen Gelöbnis in Augustdorf bei Paderborn, an dem auch Wehrdienstleistende der ersten Stunde teilnahmen, sagte Jung, die allgemeine Wehrpflicht habe sich "hervorragend bewährt".

Jung sagte, man dürfe "das Stimmungsbild nicht einseitig sehen". Von der Grundstimmung her könne man nur sagen: "Wir haben eine hervorragende Truppe." Aber man werde die Studie prüfen und "schauen, wo man nachjustieren kann".

Es sei aber klar, dass die Bundeswehr eine zusätzliche Unterstützung der Politik brauche, auch "im finanziellen Bereich", sagte der CDU-Politiker unter Verweis auf die gestiegenen Anforderungen der Bundeswehr für Auslandseinsätze. Er nannte unter anderem den Einsatz im Kongo im vergangenen Jahr und den laufenden Einsatz im Libanon.

Jung räumte auch einen "Rückstau im Bereich der Infrastruktur" ein. Bei den Kasernen müsse ebenfalls "unbedingt was gemacht werden". Den Zustand der Kasernen hatte der Wehrbeauftragte kürzlich in seinem Jahresbericht scharf kritisiert.

Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan meinte, mit einer Stimmungslage, wie sie die Umfrage ergeben habe, könnte die Bundeswehr nicht die Leistungen erbringen, die sie tatsächlich erbringe. Ihn erfreue ein Ergebnis besonders, nämlich dass sich über 70 Prozent der Soldaten als Staatsbürger in Uniform gut wahrgenommen fühlten.

Jung verwies auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Emnid, wonach eine Laufbahn bei der Bundeswehr im Berufswunsch der Jugendlichen sehr hoch stehe.

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