Umfrage nach TV-Duell in Frankreich:Sarkozy hängt Royal ab

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Die Präsidentschaftskandidaten Sarkozy und Royal schenkten sich nichts - beide gingen beim Fernsehduell hart zur Sache. Laut einer Umfrage sehen die Franzosen jedoch den Konservativen als klaren Sieger - anders als die französische Presse.

Bernd Oswald

Die Meinungen gehen auseinander, ob TV-Duelle wirklich eine entscheidende Bedeutung haben. Klar ist aber: Sie fesseln die Bevölkerung, zumindest in Frankreich. Mindestens 20 Millionen Zuschauer - ein gutes Drittel der Bevölkerung - verfolgten den hitzigen Schlagabtausch zwischen dem Konservativen Sarkozy und der Sozialistin Royal. Die tatsächliche Zahl dürfte noch deutlich höher liegen, da die Debatte auch in zahlreichen anderen Fernsehsendern, im Radio und im Internet live übertragen wurde. So viele Franzosen hatten noch nie bei einem TV-Duell eingeschaltet.

Es ging hoch her in der fast dreistündigen Debatte. Ségolène Royal wurde phasenweise richtig wütend, woraus Sarkozy ihr einen Strick zu drehen versuchte: "Der Präsident Frankreichs trägt eine hohe Verantwortung, eine sehr hohe Verantwortung", sagte Sarkozy und meinte damit: Als Präsident darf man nicht so hochgehen wie sie das tun, Frau Royal.

Große Teile der Bevölkerung sahen das offenbar ähnlich: Wie eine an diesem Donnerstag veröffentlichte Umfrage des Instituts Opinonway ergab, hielten die Franzosen Sarkozy in der Debatte für überzeugender als Royal. Er kam demnach auf 53 Prozent Zustimmung, Royal auf 31 Prozent.

Die Erhebung sieht Sarkozy bei der entscheidenden Stichwahl am Sonntag als Favoriten. Befragt wurden 978 Franzosen, die die Marathon-Debatte im Fernsehen verfolgt hatten.

"Es hat zwei Gewinner gegeben"

Die französische Presse hatte dagegen Schwierigkeiten, klar Stellung zu beziehen. Die meisten Zeitungen sahen keinen klaren Sieger.

Am prägnantesten formulierte noch die La République du Centre: "Keiner der beiden Kandidaten hat den anderen verschlungen, es gab aber ernsthaften Prankenschläge".

Der konservative Figaro aus Paris sah einen "präzisen und selbstsicheren" Sarkozy, der sich nicht "zu einem Übermaß an Selbstzufriedenheit" hinreißen habe lassen, "was noch alles hätte umwerfen können." Über Royal schrieb das Blatt: "Oftmals unklar, manchmal aggressiv, hat Ségolène Royal keinen gravierenden Fehler begangen, der sie ins Abseits gestellt hätte." Alles in allem sprach das Blatt von einem Unentschieden, "sofern man davon ausgeht, dass die Bewerber auf gleicher Höhe liegen. Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein."

Es habe zwei Gewinner gegeben, sagte der in Frankreich bekannte Wahlexperte Christophe Barbier vom Nachrichtenmagazin L'Express. Keiner der Kandidaten sei dem anderen in die Falle gegangen. Sarkozy habe sich nicht aus der Ruhe bringen lassen und Royal habe es geschafft, nicht inkompetent rüberzukommen.

Die Presse de la Manche bilanzierte, die Debatte habe es ermöglicht, "das Temperament der beiden Protagonisten etwas besser entdecken zu können."

Die Dernières Nouvelles d'Alsace aus Straßburg gingen hart mit den beiden Kandidaten ins Gericht : "Seltsame Präsidentschaftskandidaten, die nach langen Wahlkampfmonaten für die meisten Franzosen rätselhaft bleiben - so sehr verstecken sie sich hinter ihren Posen und ihrer Selbstdarstellung."

Die linksliberale Le Monde sprach von einer "diffusen Debatte, auf Initiative von Ségolène Royal."

"Sarkozy hat nicht den Kampfhahn gespielt"

Besser mit der Sozialistin meinte es die ebenfalls linksliberale Libération: "Nicolas Sarkozy hat nicht verloren. Ségolène Royal hat aber gewonnen. Sie hat bewiesen, woran die Öffentlichkeit für einen Augenblick gezweifelt hatte - sie ist voll und ganz in der Lage, Präsidentin der Republik zu sein." Sarkozy sei "sicher nicht schlecht" gewesen, doch "trotz seiner ganzen Willenskraft und Vorbereitung hat der imperiale Führer der Rechten seine Rivalin doch nicht beherrscht."

Eine leichte Tendenz zugunsten Sarkozys sah Ouest France, die dem UMP-Vorsitzenden attestierte, genauer und solider aufgetreten zu seien, während Royal noch an Glaubwürdigkeit zulegen müsste.

Auch der L'Est républicain bescheinigte Sarkozy Gelassenheit. Er habe "nicht den Kampfhahn gespielt", während Royal "in diese Falle gegangen" sei.

Auch französische Politikexperten sahen keinen der Kontrahenten wirklich vorne. "Ich denke nicht, dass einer der beiden das jeweils andere Lager überzeugen konnte", sagte etwa die Politik-Kommentatorin Anita Hausser von LCI TV nach der am Mittwoch gesendeten ersten und einzigen Debatte dieser Art. Sowohl die Sozialistin Ségolène Royal als auch der bürgerliche Favorit Nicolas Sarkozy hätten in erster Linie ihre jeweils eigene Wählerschaft erreicht.

Vertreter der jeweiligen Lager erklärten ihre Kandidaten freilich ohne zu zögern zum Sieger. "Das wird sich gut auswirken und Leute, die bisher zögerten, dazu bringen, noch einmal nachzudenken - insbesondere diejenigen, die vielleicht glauben, dass Frankreich noch nicht so weit ist, eine Frau zur Präsidentin zu machen", sagte Jean-Marc Ayrault, einer der führenden Sozialisten.

Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie sagte dagegen, Sarkozy habe sich klar als der Überlegene gezeigt.

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