Ukraine:Wahlsieger Juschtschenko will Timoschenko als Regierungschefin

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Nach seinem Sieg bei der Präsidentenstichwahl hat sich Viktor Juschtschenko für die umstrittene Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko als neue Regierungschefin ausgesprochen. Sie brauchtjedoch eine Mehrheit im Parlament.

Nach seinem Sieg bei der Präsidentenstichwahl in der Ukraine hat sich Viktor Juschtschenko für die umstrittene Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko als neue Regierungschefin ausgesprochen.

Er werde sie nach seinem Amtsantritt vorschlagen, kündigte Juschtschenko nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax am Mittwochabend in Kiew an.

Allerdings seien noch Verhandlungen notwendig, schränkte er ein. Sollte keine Aussicht auf eine Mehrheit im Parlament bestehen, werde er eine andere Kandidatur bevorzugen. Wegen dubioser Energiegeschäfte in den 90er Jahren ist Timoschenko äußerst umstritten.

"Es gibt eine Abmachung, die vorsieht, dass meine Fraktion und ich alle Kräfte für eine Kandidatur von Julia Wladimirowna (Timoschenko) mobilisieren", betonte Juschtschenko.

Timoschenko selbst versicherte den Janukowitsch-Anhängern, dass es "keine Hexenjagd" geben werde. Allerdings werde "ein Unterschied gemacht zwischen ehrlichen Funktionären und solchen, die in Unregelmäßigkeiten verwickelt sind", sagte sie in einer Live-Sendung eines TV-Senders in Donezk.

Die ostukrainische Stadt hatte zu mehr als 90 Prozent für Janukowitsch gestimmt; Timoschenko war als Geste des guten Willens dorthin gereist.

Timoschenko hatte sich gegen den von Juschtschenko getragenen Kompromiss mit der alten Führung um Kutschma zur Beilegung der Staatskrise ausgesprochen. Beobachter erwarten, dass Timoschenko als Regierungschefin für eine Umverteilung der Eigentumsverhältnisse in der politisch gespaltenen Ukraine eintreten würde.

Sie ist vor allem im stark industrialisierten Osten der Ukraine, der Heimat der reichsten Industriellen des Landes, unbeliebt. Dort erhielt Juschtschenkos Gegenkandidat Viktor Janukowitsch die meisten Stimmen. Gegen Timoschenko läuft in Russland ein Verfahren wegen angeblicher Bestechung von ranghohen Militärs.

Als mögliche Alternativen für das Amt des Regierungschefs nannte Juschtschenko auch Ex-Regierungschef Anatoli Kinach, Sozialistenchef Alexander Moros sowie den Finanzpolitiker und Unternehmer Pjotr Poroschenko.

Janukowitsch will seinen Posten nicht räumen

Unterdessen kündigte Juschtschenkos unterlegener Gegenkandidat bei der Präsidentschaftswahl, Viktor Janukowitsch, an, er wolle seinen Posten als Regierungschef nicht räumen. Er hat nach seiner Beurlaubung während des Wahlkampfs die Amtsgeschäfte wieder aufgenommen.

Das Oberste Gericht der Ukraine hat am Donnerstag zwei weitere Klagen Janukowitschs zurückgewiesen. Damit hat das Gericht in Kiew nach Angaben seiner Pressestelle bereits drei von vier Beschwerden über angebliche Fehler der zentralen Wahlkommission abgelehnt.

In einer Klage warf Janukowitsch der Wahlleitung vor, sie habe bei der Stichwahl am Sonntag nicht für alle Bürger die gleiche Möglichkeit zur Stimmabgabe gewährleistet.

Weder der Vorwurf noch die daraus resultierende Forderung seien juristisch klar genug gefasst, befand die Richterin Lidija Grigorjewa und wies die Klage ab. Die zweite Klage über Vorgänge vor der Stichwahl sei nicht fristgerecht eingereicht worden.

Auch die zentrale Wahlkommission wollte sich am Donnerstag mit etwa 40 Beschwerden von Janukowitsch befassen. In einer Beschwerde wurden die Ergebnisse in allen 225 Wahlkreisen der Ukraine in Frage gestellt. Der offiziellen Auszählung nach hat Oppositionsführer Viktor Juschtschenko die Wahl mit 52 Prozent gegenüber 44 für Janukowitsch gewonnen.

© dpa, AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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