Ukraine:Opposition stellt dem Präsidenten ein Ultimatum

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Binnen 24 Stunden soll der scheidende Präsident Kutschma den pro-russischen Regierungschef und umstrittenen Wahlsieger Janukowitsch entlassen. Andernfalls werde Kutschma als "Krimineller" betrachtet. Im Osten des Landes wollen pro-russische Regionen die Autonomie.

Der Streit zwischen Oppositionsführer Juschtschenko und dem umstrittenen Wahlsieger und Regierungschef Janukowitsch nimmt an Schärfe deutlich zu.

Anhänger des Oppositionsführers Juschtschenko trotzen seit Tagen der Kälte und demonstrieren in der Hauptstadt Kiew für eine Annulierung der vermutlich manipulierten Präsidentenwahl. (Foto: Foto: Reuters)

Die Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko forderte vom scheidenden Präsidenten Kutschma neben der Entlassung von Janukowitsch auch die "separatistischen Gouverneure" der Regionen Donezk, Luhansk und Charkiw im Osten des Landes ihres Amtes entheben. Zuvor hatte das Parlament der pro-russischen Region Donezk beschlossen, ein Referendum über einen Autonomiestatus abzuhalten.

Die Opposition fordert eine außerordentliche Sitzung des Parlaments am Montagnachmittag, bei der sich die Regierung von Janukowitsch einem Misstrauensvotum stellen solle, sagte Timoschenko weiter, eine der engsten Verbündeten des Oppositionsführers Viktor Juschtschenko.

Armee zur "Verteidigung des Volkes" aufgerufen

Auch müsse Generalstaatsanwalt Hennadi Wasilijew entlassen werden, damit eine neue Regierung nach dem Willen des Volkes gebildet werden könne. In ihrer Rede rief Timoschenko die ukrainische Armee zugleich zur "Verteidigung des Volkes" auf.

Die Behörden planten für die Nacht einen "Angriff" gegen die Demonstranten, die seit einer Woche auf dem Unabhängigkeitsplatz in der ukrainischen Hauptstadt campen.

Der oppositionelle Abgeordnete Roman Zwarisch kündigte an, sein Lager werde internationale Vermittler um Hilfe bitten, wenn es bis Sonntagabend keine Fortschritte bei den Verhandlungen zur Beilegung der Krise gebe.

In diesem Falle "werden wir den Abbruch der Gespräche verkünden und internationale Vermittler zum Einschreiten auffordern", sagte Zwarisch. Vertreter von Janukowitsch und Juschtschenko hatten sich am Samstag zu Gesprächen getroffen.

Verwaltungsgebäude weiter blockiert

Am Sonntag hatte der Nationale Sicherheitsrat unter Vorsitz von Kutschma in einer Dringlichkeitssitzung die Demonstranten in Kiew aufgefordert, die Zugänge zu Verwaltungsgebäuden frei zu machen. Janukowitsch erklärte, andernfalls müssten "Maßnahmen" erfolgen.

Dagegen appellierte die Oppositionelle Timoschenko an die Anhänger Juschtschenkos, die Regierungsgebäude weiter zu blockieren und "niemanden hereinzulassen".

Das Regionalparlament von Donezk beschloss die Abhaltung einer Volksbefragung zu einer Autonomie am 5. Dezember. Die ostukrainische Region ist eine Hochburg Janukowitschs, der offiziell zum Sieger der offenbar manipulierten Wahl erklärt wurde.

Die Wähler sollten in dem Referendum um Zustimmung für Verhandlungen mit Kiew gebeten werden, wonach Donezk den Status einer Republik innerhalb einer Staatenföderation erhalten soll, hieß es in dem Bericht weiter.

Abspaltungspläne im Osten der Ukraine

Zuvor hatte der Parlamentspräsident der Industrieregion, Boris Kolesnikow, laut der Nachrichtenagentur ITAR-TASS die Gründung einer neuen "Südöstlichen Republik" angeregt. Rund 3500 Vertreter von 17 pro-russischen Regionen hatten bei einem Treffen über das weitere Vorgehen beraten, sollte Juschtschenko Präsident werden.

Für den "schlimmsten Fall" fassten die Teilnehmer laut Medienberichten ein Referendum über die Autonomie des pro-russischen Südens und Ostens ins Auge. Juschtschenko wirft der Führung in Kiew massive Wahlfälschungen vor und möchte den Urnengang am 12. Dezember wiederholen lassen.

Auch die internationale Gemeinschaft hatte die Wahl scharf kritisiert; Russland dagegen gratulierte Janukowitsch zum Sieg.

Ab Montag berät der Oberste Gerichtshof über die Gültigkeit der Wahl. Auf die Entscheidung der Richger könnte die Erklärung des Parlaments in Kiew Einfluss haben, das am Samstag den Urnengang für ungültig erklärt hatte.

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