Ukraine:Kämpfe im Donbass

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Die OSZE ist besorgt über den Einsatz schwerer Waffen im Osten der Ukraine - und schlägt Alarm. Immer öfter werden OSZE-Beobachter bedroht.

Von Julian Hans, Moskau

Die Kämpfe im Osten der Ukraine nehmen wieder zu, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schlägt Alarm und die Politik sucht verzweifelt nach einem neuen Ansatz, um das Abkommen von Minsk zu retten. In den vergangenen Wochen habe es "die höchste Zahl an Verstößen seit Monaten" gegeben, sagte der Leiter der internationalen Beobachtermission, Ertugrul Apakan, in Wien. Immer häufiger würden auch OSZE-Mitarbeiter bedroht und daran gehindert, Orte zu besuchen. Laut den Berichten der Mission ist das besonders häufig in dem von Separatisten kontrollierten Gebiet der Fall.

Bei den neuen Kämpfen werden laut Apakan auch schwere Waffen eingesetzt, die zwischenzeitlich von der Front abgezogen worden waren. Die Beobachter müssten feststellen, dass mehr und mehr Waffen aus ihren Lagern wieder verschwunden seien. "Unsere Beobachtungen lassen vermuten, dass viele dieser Waffen wieder an der Frontlinie im Einsatz sind", sagte Apakan.

Der Friedensprozess kommt nicht voran, solange sich beide Seiten die Schuld zuweisen

Die ersten beiden der insgesamt dreizehn Punkte der Minsker Vereinbarung vom Februar 2015 sehen die sofortige Einstellung des Feuers und den Abzug schwerer Waffen von der Front vor. Die Führung in Moskau, die hinter den Separatisten steht, verlangt von der Ukraine die Umsetzung der übrigen vereinbarten Punkte: Die Verankerung eines Sonderstatus für die Region in der Verfassung sowie Kommunalwahlen.

Im ukrainischen Parlament käme eine Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung derzeit nicht zustande. Präsident Petro Poroschenko pocht daher darauf, dass zuerst wenigstens der erste Punkt der Vereinbarung umgesetzt wird. Wenn die Waffen schwiegen, wäre es leichter, eine Mehrheit zusammenzubekommen.

Immerhin haben die Konfliktparteien am Freitag eine neue Waffenruhe bis zum 9. Mai vereinbart, dem Tag des Sieges über Hitler-Deutschland.

Von einem "blame game" ist unter Diplomaten die Rede - solange sich beide Seiten gegenseitig die Schuld zuweisen, kommt der Friedensprozess nicht voran. Und das geht seit Monaten so. Die Bundeskanzlerin hat die 13 Punkte von Minsk mit ausgehandelt, Deutschland hat in diesem Jahr den OSZE-Vorsitz; wenn Minsk scheitere, so befürchten deutsche Diplomaten, werde das stärker mit der deutschen Präsidentschaft verbunden als alle guten Initiativen, die sonst während des Jahres angestoßen wurden.

Einen neuen Impuls soll ein Treffen der Außenminister aus Moskau, Kiew, Paris und Berlin am 11. Mai in Berlin bringen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wollte den Termin zunächst nicht bestätigen, noch hätten nicht alle zugesagt. Das Normandie-Format geht auf ein Treffen von Merkel und den Staatschefs Frankreichs, Russlands und der Ukraine im Juni 2014 in der Normandie zurück.

Das Auswärtige Amt wies Spekulationen über eine Bewaffnung der in der Ukraine eingesetzten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zurück. Kiew hatte diese Idee ins Spiel gebracht, um die Sicherheit der Wahlen zu garantieren. In der über vierzigjährigen Geschichte der Organisation hat es aber noch nie bewaffnete Missionen gegeben.

Im Krieg zwischen dem ukrainischen Militär und den von Russland unterstützten Kämpfern wurden nach Angaben der Vereinten Nationen seit April 2014 mehr als 9200 Menschen getötet, die meisten von ihnen Zivilisten.

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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