Ukraine:"Juschtschenko wurde Gift gegeben"

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Erstmals hat ein Arzt die Erkrankung des Oppositionsführers offiziell als Folge eines Giftanschlags bezeichnet. Nach Angaben eines Wiener Mediziners sollte der Politiker getötet werden. Juschtschenko war während des Wahlkampfes schwer erkrankt und hatte seine politischen Gegner für sein Leiden verantwortlich gemacht.

Ärzte sehen es nach einem Bericht der Londoner Times als bewiesen an, dass der ukrainische Oppositionspolitiker Viktor Juschtschenko vergiftet werden sollte. "Es steht außer Frage", wird der Wiener Arzt Nikolai Korpan, der Juschtschenko behandelt hatte, am Mittwoch in der Online-Ausgabe der Zeitung zitiert.

Eine Substanz habe seine Krankheit verursacht. Es gebe keine Zweifel daran, dass dem Vater von fünf Kindern das Gift absichtlich verabreicht worden sei. "Ihm wurde das Gift von anderen Leuten gegeben, die damit ein bestimmtes Ziel verfolgten", sagte der Arzt. "Das steht nicht länger zur Diskussion".

Auf die Frage, ob dieses Ziel die vorsätzliche Tötung Juschtschenkos gewesen sei, antwortete Korpan: "Ja, natürlich". Korpan zeigte sich zuversichtlich, dass die Substanz genau bestimmt werden könne.

Sie seien inzwischen in der Lage, die Substanz zu bestimmen, sagte Korpan den Angaben zufolge. Dafür müsse Juschtschenko aber noch einmal in die Klinik zurückkehren, damit weitere Tests durchgeführt werden könnten.

Korpan ist Arzt der Wiener Klinik Rudolfinerhaus. Dort hatte sich Juschtschenko im September und im Oktober zwei Mal wegen mehrerer akuter Erkrankungen behandeln lassen.

Er hat seinen politischen Gegnern vorgeworfen, sie wollten ihn vergiften, was diese aber strikt von sich wiesen. Bislang hatten die Ärzte in Wien erklärt, sie könnten weder beweisen noch ausschließen, dass er vergiftet worden sei.

Juschtschenko, der den ersten Wahlgang knapp gewonnen und die zweite Runde durch Wahlfälschungen verloren hatte, war während des Wahlkampfs drei Wochen lang außer Gefecht gesetzt. Sein Lager behauptet, der Kandidat sei vergiftet worden. Die Staatsanwaltschaft sprach dagegen von einer Herpes-Infektion und warf den Ärzten vor, die Untersuchungsergebnisse zurückzuhalten.

Seit der Erkrankung muss der 50-jährige Wirtschaftsexperte mit einem verquollenen und von Pusteln überzogenen Gesicht leben. Die Präsidentschaftsstichwahl soll am 26. Dezember wiederholt werden.

Parlament berät über Wahlgesetz

Das Parlament der Ukraine will am Mittwoch über die von der Opposition verlangte Änderung des Wahlgesetzes für die Neuauflage der Präsidenten-Stichwahl beraten.

Der amtierende Präsident Leonid Kutschma hatte bei Verhandlungen am Runden Tisch grundsätzlich der Neubesetzung der Wahlkommission und der Änderung des Wahlgesetzes zugestimmt. Mit den Änderungen zum Wahlgesetz soll eine faire Abstimmung bei der Stichwahl-Wiederholung sichergestellt werden.

In die festgefahrenen Bemühungen um eine Lösung der Staatskrise war am Dienstag wieder Bewegung gekommen. Präsident Kutschma beurlaubte den umstrittenen Regierungschef Viktor Janukowitsch auf dessen eigenen Wunsch. Dies solle ihm ermöglichen, sich auf den Wahlkampf zu konzentrieren.

Die Oppositionsforderung nach einer Entlassung der Regierung lehnt Kutschma nach wie vor strikt ab.

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