Überfall auf christliches Verlagshaus in der Türkei:"Für Vaterland und Glauben"

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Einen Tag nach der grausamen Ermordung von drei Christen in der Türkei haben die Festgenommenen ihre Tat gestanden. Medienberichten zufolge wollten die 19 und 20 Jahre alten Männer allen "Feinden des Glaubens" eine Lehre erteilen.

Einen Tag nach der grausamen Ermordung von drei Christen in der Türkei, darunter einem Deutschen, haben sich die Festgenommenen Medienberichten zufolge zu der Tat bekannt.

Demnach gaben die 19 und 20 Jahre alten Männer religiös-nationalistische Motive für den Überfall auf den Bibelverlag in der südosttürkischen Stadt Malatya an.

Sie hätten für "Vaterland und Glauben" gehandelt. "Wir haben dies nicht für uns, sondern für unseren Glauben getan", zitiert die Zeitung Hürriyet am Donnerstag einen der mutmaßlichen Mörder. "Den Feinden des Glaubens möge dies eine Lehre sein."

Bei dem Anschlag am Mittwoch waren zwei türkische Mitarbeiter des kleinen christlichen Verlags Zirve und ein Deutscher brutal ermordet worden. Der 46-jährige Tilmann G. hatte in Malatya für eine Beraterfirma als Übersetzer gearbeitet. Mit Frau und drei Kindern lebte er seit 2003 in der Stadt, wie türkische Medien berichteten.

Die Opfer des Überfalls waren an Händen und Füßen gefesselt mit durchschnitten Kehlen gefunden worden. Die fünf mutmaßlichen Täter wurden noch am Tatort festgenommen. Provinzgouverneur Halil Ibrahim Dasöz berichtete am Donnerstag von fünf weiteren Festnahmen. Es seien Männer "derselben Altersgruppe".

Türkische Medien stellten den Anschlag von Malatya in eine Reihe mit der Ermordung des türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink im Februar in Istanbul und dem Mord an einem italienischen katholischen Priester, der Anfang 2006 in seiner Kirche in der Stadt Trabzon am Schwarzen Meer hinterrücks erschossen worden war.

"Akt der Grausamkeit"

Unterdessen bangt der EU-Kandidat Türkei um seinen Ruf in der Welt. "Es bereitet uns großes Unbehagen, dass das Ansehen unseres Landes im Ausland beschädigt wird", sagte Außenminister Abdullah Gül am Donnerstag auf Fragen von Journalisten in Ankara.

Der Anschlag sei gegen "den inneren Frieden, die Tradition der Toleranz und gegen die Stabilität der Türkei" gerichtet, sagte der Außenminister. "Wir verurteilen ihn aufs Schärfste." Bereits am Mittwochabend hatte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Morde als "Akt der Grausamkeit" verurteilt. Außenminister Gül schloss nicht aus, dass es Hintermänner geben könnte, die Täter somit "gelenkt" worden seien.

Auch der Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland hat den Mordanschlag auf einen Bibelverlag in der Türkei verurteilt. "Wir sind furchtbar entsetzt", sagte der Sprecher des Rates, Ayyub Axel Köhler, am Donnerstag in Köln. Köhler betonte, der Koordinierungsrat trete für Religionsfreiheit ein: "Ich hoffe, dass wir alle der Versuchung widerstehen, uns gegeneinander ausspielen zu lassen."

Nach Ansicht des Vatikans stehen die Morde im Zusammenhang mit der laizistischen Demonstration in der Türkei vom vergangenen Wochenende. "Ich denke, das könnte eine Antwort auf diese Demonstration sein, bei der hunderttausende einen weltlichen Staat gefordert haben", sagte der päpstliche Nuntius in der Türkei, Antonio Lucibello, der italienischen Zeitung La Stampa.

In Wahlkampfzeiten seien solche Taten bereits geschehen, fügte er mit Blick auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen in der Türkei hinzu.

In Ankara hatten am Samstag 500.000 Menschen gegen eine Kandidatur von Regierungschef Recep Tayyip Erdogan demonstriert. Sie befürchten eine Islamisierung der Türkei.

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