TV zeigt Aufnahmen von Mladic:Familienvideos eines Massenmörders

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Das bosnische Fernsehen hat Aufnahmen des früheren bosnisch-serbischen Armeechefs Ratko Mladic ausgestrahlt. Einige davon sollen den Kriegsverbrecher in jüngerer Zeit zeigen.

Es sollen Aufnahmen aus den letzten zehn Jahren sein: Der bosnische Sender FTV hat Filmmaterial ausgestrahlt, auf dem der flüchtige Kriegsverbrecher Ratko Mladic zu sehen sein soll. Der Sender nannte keine Quellen für das Material.

Aufnahmen mit der Familie: Aus welcher Zeit die die Fernsehbilder stammen, ist ungeklärt (Foto: Foto: 60 Minuta; FTV)

Eine Aufnahme zeigte an einem Ort, der einem Eisstadion ähnelte, einen Mann und zwei Frauen, bei denen es sich laut FTV um Mladic, dessen Ehefrau und dessen Schwiegertochter handelte. Der Film sei womöglich von Mladics Sohn gemacht worden und "sehr neu, vielleicht aus dem vergangenen Winter".

Einige der Videoaufnahmen zeigten Mladic gealtert und dünner, aber wiedererkennbar. Zu sehen war er den Angaben zufolge unter anderem bei der Hochzeit seinen Sohnes, mit seinen Enkeln auf dem Arm und in verschiedenen Restaurants. Manche Videos wurden mit Datumsanzeige aufgenommen und stammen demnach aus den Jahren 1997 und 2000.

FTV liegen nach eigenen Angaben Aufnahmen des früheren bosnisch-serbischen Armeeführers in einer Gesamtlänge von einer Stunde vor. Mladic ist seit 14 Jahren auf der Flucht, um einem Prozess vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien zu entgehen. Besonders seine langjährige Flucht und die Unfähigkeit beziehungsweise der Unwillen seiner Festnahme erschwert den Weg Serbiens zur Aufnahme in die EU.

Mladic ist wegen Kriegsverbrechen im Bosnien-Krieg angeklagt, der von 1992 bis 1995 geführt wurde. Ihm soll insbesondere wegen der Anordnung des Massakers von Srebrenica mit etwa 8000 Todesopfern der Prozess gemacht werden.

Der Leiter des in Belgrad ansässigen Büros für die Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal, Dusan Ignjatovic, sagte dem Sender B92, die Echtheit der gezeigten Videos werde von den serbischen Behörden derzeit überprüft. Möglicherweise handele es sich um alte Aufnahmen. Er glaube nicht, dass die als neueste Bilder präsentierten Aufnahmen im vergangenen Jahr gedreht worden seien.

Erst vor wenigen Tagen sagte ein früherer Leibwächter Mladic' aus: Nach dessen Aussage habe sich Mladic bis 2001 frei in Serbiens Hauptstadt Belgrad bewegt. Mladic habe Fußballspiele und Restaurants besucht und sei im Innenministerium empfangen worden, sagte Brabislav Puhalo am Dienstag vor einem Bezirksgericht in Belgrad. Zu Mladic' Schutz seien von den Behörden etwa 50 Leibwächter abgestellt worden, die mit Fahrzeugen und Panzerfäusten ausgerüstet gewesen seien.

Nach Ansicht des Zeugen wussten die zivilen Behörden und auch die Armee bis 2001 jederzeit über den Aufenthaltsort Mladic' Bescheid. Seine Bodyguard-Einheit zu Mladic' Schutz sei 1997 gegründet und am 31. Mai 2002 aufgelöst worden, also anderthalb Jahre nach dem Sturz von Slobodan Molosevic als jugoslawischer Präsident, sagte Puhalo. "Wir beschützten Mladic vor Kriminellen und Kopfgeldjägern, nicht vor dem Staat", sagte Puhalo weiter.

Er trat in einem Prozess gegen zehn Angeklagte auftrat, denen vorgeworfen wird, Mladic zwischen 2002 und 2005 weiter gedeckt zu haben. Nach 2005 verliert sich offiziell die Spur Mladics.

Mladic ist der vom Haager Tribunal meistgesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher. Die serbische Regierung beteuert, seinen Aufenthaltsort nicht zu kennen.

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