TV-Runde:Merkel: Eine große Koalition wird es nicht geben

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Sowohl der Kanzler als auch die Kandidatin haben in der "Favoriten-Runde" einer großen Koalition eine klare Absage erteilt. In ihrem letzten Schlagabtausch vor der Wahl verschäften beide den Ton und warfen sich Lügen vor.

Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel bekräftigte in einer TV-Diskussion der Spitzenkandidaten am Montag: "Es wird keine große Koalition geben." Die CDU-Chefin wich allerdings der Frage aus, ob sie in einer solchen Konstellation zur Verfügung stehen würde. Auch CSU-Chef Edmund Stoiber äußerte sich ablehnend zu einem Regierungsbündnis mit der SPD. "Die große Koalition ist keine Option. Das ist mit die schlechteste Lösung."

Gaben sich optimistisch: Bundeskanzler Gerhard Schröder und Kandidatin Angela Merkel. (Foto: Foto: ddp)

Für die SPD wies Bundeskanzler Gerhard Schröder Gedanken an ein CDU/CSU/SPD-Bündnis nach der Wahl weit von sich. Schröder erklärte, er wolle nach der Wahl "mit dem gleichen Partner wie 2002" regieren.

Sowohl der Kanzler als auch seine Herausforderin gaben sich in der letzten großen Fernsehrunde vor der Wahl optimistisch. Schröder betonte, die Menschen würden letztlich über Rot-Grün sagen: "Die haben bewiesen, dass sie es können."

Merkel sieht sich auf der Zielgeraden

Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) sagte in der Runde: "Wir werden auf der Zielgeraden die Wahl gewinnen."

Auch der CSU-Chef äußerte er sich zuversichtlich über den Wahlausgang am Sonntag. Er erwarte am Sonntag für die Union ein Ergebnis von "deutlich über 40 Prozent". Es gebe eine "sehr deutliche Wechselstimmung".

Merkel und Westerwelle setzten auf eine schwarz-gelbe Koalition. Zur möglichen Regierungsbildung nach der Wahl sagte FDP-Chef Westerwelle, wenn es nicht für Schwarz-Gelb reichen sollte, "dann sind wir Opposition". Auch für eine Ampelkoalition stehe seine Partei nicht zur Verfügung. Für die Grünen kam Außenminister Fischer zu dem gleichen Schluss.

In der Debatte warf Merkel Schröder, "unwürdige Polemik" und das unnötige Schüren von Ängsten vor. Deutschland habe ungeheure Chancen. "Dazu gehört, dass ich nicht Angst mache, sondern den Menschen einen Weg aufzeige", sagte sie mit Blick auf den Kanzler.

Schröder konterte dies mit dem Hinweis auf die von ihm angestoßenen Reformen. Wahlkämpfe könnten zwar "Zeiten zugespitzter Argumentation sein, aber nicht unbedingt beleidigend". Auch er hielt der Union - ähnlich wie in der Bundestagsdebatte in der vergangenen Woche - vor, mit falschen Zahlen zu operieren.

Streit um Eichels angebliche Streichliste

Für einen heftigen Wortwechsel sorgte auch die angebliche "Streichliste" von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). Schröder sagte, er verberge eine solche Liste nicht.

Nach Medienberichten soll sie Grundlage für ein bislang unbekanntes 30-Milliarden-Sparpaket der rot-grünen Bundesregierung sein. Wie Eichel äußerte Schröder die Vermutung, der CDU nahe stehende "fleißige Beamte" hätten die Liste aus Parteiinteressen hergestellt.

Stoiber griff Schröder dafür heftig an und erinnerte an die Situation vor der Wahl 2002, als die Bundesregierung die Lage der Haushalte ebenfalls geschönt habe. "Ich habe das alles schon erlebt."

Merkel sprach sich erneut für den parteilosen ehemaligen Verfassungsrichter Paul Kirchhof als Finanzminister aus, "wenn es die Wähler erlauben". Auf die Diskussion über eine Rückkehr des ehemaligen Unions-Fraktionschefs Friedrich Merz (CDU) in die Führungsriege der Union ging sie nur mit der Bemerkung ein, sie freue sich über sein Wahlkampf-Engagement. Schröder attackierte Merkels Finanzminister Kirchhof erneut und warf ihm vor, sein Steuerkonzept sei sozial ungerecht.

Schröder will "hart kämpfen"

Schröder kündigte an, er wolle bis zum Sonntag "sehr hart" kämpfen, um seine Arbeit in der rot-grünen Koalition mit Fischer fortsetzen zu können. Er warf CDU und CSU zugleich vor, während ihrer Regierungszeit in den 90er Jahren die notwendigen Reformen nicht angepackt

Fischer hielt der Union vor, von Kirchhof abgerückt zu sein. Erst sei er der Öffentlichkeit als der "neue Ludwig Erhard" vorgestellt worden. "Gegenwärtig versucht man, ihn für den Rest der Woche im Heizungskeller einzusperren, damit er möglichst nicht zum Vorschein kommt", sagte der Grünen-Spitzenkandidat.

Zur Außenpolitik sagte Fischer, Rot-Grün habe das Land auf der Grundlage klarer Analyse und einer verlässlichen Position geführt. "Frau Merkel hat im Irak bewiesen, dass sie diese Qualitäten nicht hat." Die CDU-Vorsitzende wies die Kritik ebenso zurück wie Stoiber. Es sei "absolut falsch", dass die Union deutsche Truppen in den Irak schicken wolle.

Westerwelle: Dann sind wir Opposition

FDP-Chef Guido Westerwelle hielt Rot-Grün vor, während ihrer Regierungszeit seit 1998 habe sich der Zahl der in Armut lebenden Menschen um eine Million erhöht. Für Arbeitsplätze und Wachstum sei insbesondere ein vereinfachtes Steuersystem erforderlich. "Nichts ist unsozialer, als wenn die Wirtschaft weiter abschmiert."

Der Linkspartei-Spitzenkandidat Gregor Gysi kündigte an, seine Partei wolle sich nach einem Einzug um grundlegende Alternativen zu allen anderen Parteien bemühen. Er schloss auf lange Sicht erneut eine Kooperation mit der SPD nicht aus. "Die SPD ist ein bisschen zur zweiten Union geworden. Wenn sie wieder sozialdemokratisch wird, kann man vielleicht auch wieder zusammen Politik machen."

Die Sendung war am Dienstagmittag aufgezeichnet und am Abend ausgestrahlt worden.

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