Türkei:Truppenentsendung in den Irak fraglich

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Der türkische Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer sieht keine Chance mehr, dass sein Land Soldaten in den Irak schickt. "Für mich ist die Angelegenheit erledigt", zitierten türkische Zeitungen Sezer.

(SZ vom 31.10. 2003) - Die Voraussetzungen für die Truppenentsendung auf Wunsch der USA seien, so der Präsident bei einem Empfang, "nur noch sehr schwer herzustellen".

Die irakische Übergangsregierung hatte vehement gegen die Pläne protestiert. Sezer galt von Beginn an als Gegner des Engagements.

Dagegen hatten die türkischen Militärs eine Unterstützung Washingtons befürwortet.

Generalstabschef Hilmi Özkök bezeichnete Sezers Äußerungen, ebenfalls bei dem Empfang am Mittwochabend, als "persönliche Einschätzung".

Das türkische Parlament hatte Anfang Oktober auf Drängen der Regierung wie der Generäle die Truppenentsendung gebilligt, ohne Details festzulegen. Das Kontingent sollte bis zu 10 000 Soldaten umfassen.

Die Regierung von Premier Tayyip Erdogan wollte damit ihre Beziehungen zu Washington verbessern. Diese waren in eine tiefe Krise geraten, nachdem das Parlament am 1. März den USA eine direkte Unterstützung für den Krieg gegen den Irak verweigert hatte.

Wortscharmützel mit den USA

US-Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz sagte in Washington, die Gespräche mit der Türkei über eine Militärhilfe gingen weiter.

Nach Angaben des türkischen Generalstabschefs aber gibt es derzeit keine intensiven Verhandlungen.

Der türkische Außenminister Abdullah Gül und der US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, lieferten sich erst vor zwei Tagen ein Wortgefecht.

Bremer hatte den Widerstand gegen türkische Truppen auch damit erklärt, dass der Irak einst "Kolonie des Osmanischen Reiches" gewesen sei.

Gül warf Bremer daraufhin "Unkenntnis der Region und der Geschichte" vor. Zur Zeit der Osmanen habe die Region Frieden gefunden, "Jerusalem und die Palästinenser-Gebiete eingeschlossen", sagte Gül.

Die Türken lehnen es ab, das Osmanische Reich als Kolonialmacht zu bezeichnen. Wie die meisten Historiker sprechen sie von einem Vielvölkerstaat.

© Von Christiane Schlötzer - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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