Trumps Einreise-Dekret:Merkel verschärft die Kritik

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Der Anti-Terrorkampf rechtfertige keinen Generalverdacht gegen Muslime, meint die Kanzlerin. Tausende Deutsche mit zweitem Pass dürfen nicht in die USA einreisen.

Von Stefan Braun und Clemens Markus, Berlin/Washington

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird in ihrer Kritik an US-Präsident Donald Trump immer deutlicher. Merkel lehnte am Montag das von Trump verhängte Einreiseverbot für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Staaten strikt ab und sagte: "Der notwendige und auch entschiedene Kampf gegen den Terrorismus rechtfertigt in keiner Weise einen Generalverdacht gegen Menschen bestimmten Glaubens, in diesem Fall Menschen muslimischen Glaubens." Sie betonte, das Vorgehen der US-Regierung widerspreche dem Grundgedanken internationaler Flüchtlingshilfe.

Außerdem sicherte die Kanzlerin den vom Einreiseverbot betroffenen Doppelstaatlern, Menschen mit einem deutschen und einem ausländischen Pass, ihre Unterstützung zu. Die Bundesregierung setze alles daran, für diese Personen Rechtssicherheit zu erhalten. Wie die US-Botschaft auf ihrer Facebook-Seite mitteilte, ist es für alle Menschen, die auch einen Pass der Länder Irak, Iran, Jemen, Somalia, Sudan, Libyen und Syrien besitzen, derzeit aussichtslos, ein Visum für die USA zu beantragen. Ihre Anträge würden nicht bearbeitet; sie könnten die Botschaften und Konsulate nicht einmal betreten.

Direkt betroffen sind Zehntausende Deutsche. Wie das Innenministerium in Berlin bekannt gab, besaßen 2011 mehr als 80 000 Menschen auch die iranische Staatsangehörigkeit, mehr als 30 000 die irakische und etwa 25 000 die syrische. Ein Sprecher des Außenministeriums betonte, man versuche auf allen Kanälen herauszufinden, welche Folgen Trumps Erlass für deutsche Staatsbürger habe. Die juristische Abteilung prüfe zudem, ob es für diesen völkerrechtliche Beschränkungen gebe. Außenminister Sigmar Gabriel sagte bereits am Sonntag, er glaube nicht, dass solche Einreisesperren "das richtige Mittel im Kampf gegen den Terror sein können". In den USA kündigte Washington als erster Bundesstaat an, Klage gegen das Einreiseverbot zu erheben. Und laut New York Times unterzeichneten bisher 100 US-Diplomaten eine Protestnote. Trumps Dekret stieß auch auf heftige Kritik bei der US-Wirtschaft. "Es ist schmerzlich zu sehen, wie sich diese Anordnung persönlich auf unsere Kollegen auswirkt", schrieb Google-Chef Sundar Pichai. Das Unternehmen richtete einen Fonds mit vier Millionen Dollar für Rechtsbeistand für Betroffene ein. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg schrieb: "Die Vereinigten Staaten sind eine Nation von Einwanderern, und wir sollten stolz darauf sein." Twitter-Chef Jack Dorsey sagte, die humanitären und wirtschaftlichen Auswirkungen des Erlasses seien "bestürzend". Ex-Präsident Barack Obama meldete sich erstmals wieder über seinen Sprecher, der mitteilte, Obama sei "fundamental dagegen", Menschen wegen ihres Glaubens zu diskriminieren. Angesichts der Kritik sah sich das Weiße Haus zu reagieren veranlasst. Trump ließ schriftlich erklären, das Dekret richte sich nicht gegen Muslime. "Es geht nicht um Religion - sondern um Terror und die Wahrung der Sicherheit unseres Landes."

© SZ vom 31.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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