Trotz Eingreiftruppe:Neue Kämpfe in Liberias Hauptstadt

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Nach dem Eintreffen nigerianischer Soldaten haben sich Rebellen und Regierungstruppen in Monrovia erneut Gefechte geliefert. UN-Mitarbeiter berichten weiterhin von Menschenrechtsverletzungen, Plünderungen und Vergewaltigungen.

Bei Raketenangriffen und Schusswechseln seien mehrere Menschen verletzt worden, berichtete ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen.

Verteidigungsminister Daniel Chea bestätigte den Beginn neuer Kämpfe: "Es gibt wieder Gefechte. Ich warte noch auf Berichte." Ein Rebellenkommandeur warf der Regierung von Präsident Charles Taylor vor, Kräfte für einen neuen Angriff zusammenzuziehen. Der Angriff werde für Dienstag oder Mittwoch erwartet, sagte der Kommandeur.

Unter großem Jubel der Bevölkerung waren am Montag die ersten Soldaten der internationalen Friedenstruppe ECOWAS in Monrovia eingetroffen. Kurz nach ihrer Landung hatten sie den Flughafen Robertsfield bei Monrovia gesichert.

Sie sind Teil eines Vorauskommandos von rund 1500 nigerianischen Soldaten, die bis Ende August von rund 1700 Soldaten aus anderen Mitgliedstaaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) verstärkt werden sollen.

Die Rebellen der LURD wollten mit dem Kommandeur der Eingreiftruppe, Festus Okonkwo, zusammentreffen. Rebellenführer Sekou Conneh hatte am Vorabend bekräftigt, er wolle seine Truppen aus Monrovia abziehen, sobald die Einsatztruppe angekommen sei. Er selbst werde sich nach dem Ende der Kämpfe auf seine Farm zurückziehen und strebe kein politisches Amt an, sagte er dem britischen Sender BBC. "Wir haben nicht für die Macht gekämpft, sondern für das liberianische Volk", sagte er.

Conneh hielt sich in Rom bei der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio auf, die schon in mehreren afrikanischen Ländern erfolgreich zwischen Kriegsparteien vermittelt hat.

Liberias Präsident Charles Taylor nannte inzwischen in einem Telefonat mit seinem südafrikanischen Amtskollegen Thabo Mbeki erstmals einen Termin für seine Abreise. "Präsident Taylor wird das Land nach der Amtsübergabe an den Vizepräsidenten am Montag verlassen", sagte Mbeki. Bislang hatte Taylor seine Abreise davon abhängig gemacht, dass eine Anklage gegen ihn als Kriegsverbrecher fallen gelassen werde.

Die Lage ist weiterhin Besorgnis erregend

UN-Hilfsorganisationen haben die Lage in der liberianischen Hauptstadt Monrovia als noch immer sehr Besorgnis erregend bezeichnet.

Es fehle an Wasser, Nahrungsmitteln sowie medizinischer Versorgung, berichteten UN-Organisationen am Dienstag in Genf. Hunderttausende Menschen seien vom Hunger bedroht.

Die Lage in dem umkämpften Land sei weiterhin außerordentlich schwierig. Es gebe massive Menschenrechtsverletzungen, Plünderungen und Vergewaltigungen, sagte die Sprecherin des UN-Koordinationsbüros für humanitäre Hilfe, Elisabeth Byrs, in Genf.

Zudem seien einige schwere Cholerafälle aufgetreten. Es gebe nicht genügend Plätze in den Krankenhäusern, es fehle an Elektrizität und Wasser. Teilweise hätten die Menschen Regenwasser getrunken, das jedoch verschmutzt sei.

Die UN-Koordinationsbüro für humanitäre Hilfe wird nach den Worten der Sprecherin am Mittwoch in New York einen Hilfsappell an die Geberländer richten. Die Höhe der benötigten Mittel wollte sie jedoch am Dienstag noch nicht nennen.

Die Arbeit der Hilfsorganisationen finde unter sehr schwierigen Bedingungen statt, sagte Byrs weiter. Seit Beginn der Kämpfe im Juni seien bereits 30 Fahrzeuge verschiedener Hilfsorganisationen geplündert worden.

Die Ankunft der ersten ausländischen Friedenstruppen bedeute nicht nur für die Bevölkerung große Hoffnung, sondern auch für die Verantwortlichen der Hilfskräfte, erklärte die Sprecherin des Welternährungsprogrammes, Christiane Berthiaume. "Wir hoffen sehr, dass die Kräfte rasch die Sicherheit in der Hauptstadt gewährleisten, damit wir Lebensmittel an die Menschen ausgeben können, die diese dringend nötig haben."

Insgesamt lägen 10.000 Tonnen Lebensmittel in Lagerhäusern am Hafen bereit. Da der Hafen jedoch zuletzt unter der Kontrolle der Rebellen gewesen sei, habe die Hilfsorganisation keine Zugang gehabt.

Unterdessen reißt der Flüchtlingsstrom aus Liberia nicht ab. Nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR sind seit Mai rund 40.000 Menschen aus Liberia in die Elfenbeinküste geflohen, sagte UNHCR-Sprecher Kris Janowski.

Ein mit Hilfsgütern beladenes Schiff liege in Freetown in Sierra Leone bereit, um nach Monrovia auszulaufen. Sobald das UN-Sicherheitsteam grünes Licht gebe, werde das Schiff starten, sagte er.

(sueddeutsche.de/AFP/dpa)

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