Treffen der Fraktionsspitzen:Koalition setzt auf den "Geist der Zugspitze"

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Union und SPD beschwören Gemeinsamkeiten - beim Baukindergeld für Familien sind sie sich schon einig.

Von Susanne Höll und Mike Szymanski, München

Trotz des Streits in der großen Koalition über die Asylpolitik haben die Fraktionsspitzen von Union und SPD am Montag versucht, ein Signal der Geschlossenheit zu senden. Bei ihrer Klausurtagung auf der Zugspitze betonte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles, es gehe bei dem Treffen "schlicht und ergreifend" um Teambuilding. Die umstrittenen Äußerungen von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt über eine angebliche "Anti-Abschiebe-Industrie" in Deutschland würden zu keinem Streit in der Koalition führen, sagte die Parteichefin. Auch Kanzlerin Angela Merkel mied auf einer Veranstaltung von Unionsfraktionschefs von Bund und Ländern in Frankfurt scharfe Worte zu den Aussagen, die zahllose empörte Reaktionen ausgelöst hatten.

Dobrindt hatte der Bild am Sonntag mit Blick auf Anwälte und Hilfsorganisationen gesagt, wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden. "Wir sind ein Rechtsstaat", da gebe es keine Einschränkungen, sagte Merkel dazu am Montag. "Natürlich können die Möglichkeiten des Rechtsstaats in Anspruch genommen werden. Wir müssen aber auch darauf achten, dass Recht und Gesetz umgesetzt werden", fügte die Kanzlerin hinzu. Ähnlich hatte sich am Vormittag CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer geäußert.

CSU-Chef Horst Seehofer nahm seinen Parteifreund in Schutz. "Niemand will den Rechtsstaat infrage stellen", sagte er vor einer CSU-Präsidiumssitzung in München. Der Bundesinnenminister sagte, man müsse "schon auf die Tatsache hinweisen, dass die Asylbescheide in ungewöhnlich hoher Zahl beklagt werden". "Fast jeder zweite Asylbescheid landet vor Gericht. Das kostet Zeit, bindet Ressourcen, oft in absolut vergleichbaren Sachverhalten." Zum Begriff einer "Anti-Abschiebe-Industrie" wollte sich Seehofer aber auf Nachfrage nicht äußern. Der Deutsche Anwaltverein wertete Dobrindts Äußerungen als schweren Angriff auf den Rechtsstaat. Vereinspräsident Ulrich Schellenberg sagte: "Kein Demokrat kann das einfach so stehen lassen." Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs hatte das Gerede von der "Anti-Abschiebe-Industrie" in der Welt vom Montag als "Quatsch" abgetan.

Auf Deutschlands höchstem Berg lobte indessen Nahles den "Sonnenschein" und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) den speziellen "Geist der Zugspitze". Dobrindt als Gastgeber äußerte sich auch lieber darüber, dass der Berggipfel "ein guter Ort ist, um neue Gemeinsamkeiten zu finden". Zu seinem Interview vom Wochenende sagte er nichts.

Einen Beschluss gab es auf der Zugspitze auch: Das von der großen Koalition geplante Baukindergeld für Familien zum Eigentumserwerb soll rückwirkend vom 1. Januar 2018 an gelten. Das Baukindergeld richtet sich an bis zu 200 000 Familien mit mittlerem Einkommen, die sonst nicht genug Eigenkapital haben, um ein Eigenheim zu erwerben.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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