Treffen der EU-Innenminister:Harsche Appelle an Athen

Lesezeit: 2 min

De Maizière verlangt von Griechenland, seine Grenzen besser zu überwachen. Auch aus anderen EU-Binnenstaaten kommt Kritik.

Von Thomas Kirchner, Amsterdam

In der Flüchtlingskrise tritt die Europäische Union weiterhin auf der Stelle. Bei einem Treffen der EU-Innenminister in Amsterdam geriet am Montag abermals Griechenland ins Zentrum der Kritik. Zwar sei öffentlicher Druck in der momentanen Lage nicht hilfreich, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière, aber das Land müsse "seine Hausaufgaben machen", damit die EU-Außengrenze gesichert werden könne. "Wir brauchen einen dauerhaften, spürbaren, nachhaltigen Rückgang der Flüchtlingszahlen, und zwar sichtbar in den nächsten Wochen." Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte, der Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen sei "am Kippen", es müsse rasch etwas passieren. Auch sie kritisierte Griechenland heftig. Es sei "ein Mythos", dass die griechisch-türkische Grenze nicht zu schützen sei. Griechenland verfüge über eine der "größten Marinen in Europa". Am Wochenende hatte die Ministerin gedroht, Griechenland aus dem Schengenraum zu werfen. Ein solcher "Rauswurf" ist rechtlich nicht vorgesehen. Möglich wäre indes, dass einzelne EU-Staaten ihre Grenzen für Bürger aus Griechenland schlössen. Weil Griechenland keine Landgrenze mit Schengen-Ländern hat, beträfe dies nur See- und Lufthäfen.

Auch deshalb erwägen einige Staaten, die temporären Kontrollen an den Binnengrenzen zu verlängern, die höchstens noch bis Mai zulässig wären. Artikel 26 des Schengener Grenzkodex' lässt eine Verlängerung auf maximal zwei Jahre zu, wenn "anhaltende schwerwiegende Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen" das Funktionieren des Schengenraums insgesamt gefährden. Vorher müssten EU-Kommission und Ministerrat zustimmen.

Die Kommission stehe der Verlängerung "aufgeschlossen" gegenüber, sagte de Maizière. Der griechische Migrationsminister Yannis Mouzalas verteidigte sich gegen Schuldzuweisungen. Die Seegrenze zur Türkei könne nicht abgedichtet werden; die einzige Option sei es, die Menschen zu retten. Sicher hinke man hinterher bei den Aufnahmezentren (Hotspots). Aber lange habe man mit zwölf Eurodac-Maschinen arbeiten müssen und nur die Hälfte der Ankommenden registrieren können. Nun seien es 68 Maschinen, man nehme 80 bis 90 Prozent der Flüchtlinge Fingerabdrücke ab. Zum ersten Mal diskutierten die Minister über den gemeinsamen Europäischen Grenzschutz, den die EU-Kommission vorgeschlagen hat. Er würde es ermöglichen, Schnelle Eingreifteams der Agentur Frontex notfalls auch gegen den Willen eines Landes an dessen Grenze einzusetzen. Mehrere Länder sehen dies als zu starken Eingriff in ihre Souveränität. Einen Mechanismus, der der Kommission einen großen Spielraum geben würde, lehnen die Staaten offensichtlich ab. Sie wollten die letzte Entscheidung vielmehr selbst treffen, sagte der niederländische Integrations-Staatssekretär Klaas Dijkhoff. Dennoch sprach de Maizière von "überraschend positiven Reaktionen" seiner Kollegen. Die Idee, Frontex zu einer Einheit zu machen, die entschlossen agieren könne, werde mindestens von einer "qualifizierten Mehrheit" geteilt.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: