Todesursache:Milosevic an Herzinfarkt gestorben

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Das vorläufige Ergebnis der Autopsie des früheren jugoslawischen Präsidenten lautet: Herzinfarkt. Die Ärzte prüfen aber auch, ob Milosevic vergiftet wurde - dem niederländischen Fernsehen zufolge wurden verdächtige Substanzen in dessen Blut gefunden.

Zwar ergab die Autopsie, dass der ehemalige Staatschef an einem Herzinfarkt gestorben ist, wie aus dem am Sonntagabend veröffentlichten vorläufigen Bericht hervorgeht.

Anhänger des verstorbenen Ex-Präsidenten in Belgrad. (Foto: Foto: AFP)

Die Infarkt-Ursache könne aber erst durch das endgültige Ergebnis der Autopsie erittelt werden, das noch mehrere Tage in Anspruch nehmen könnte. Der Leichnam Milosevics sollte am Montag der Familie übergeben werden.

Noch steht nicht fest, wo der Ex-Präsident beigesetzt wird. Milosevic war am Samstag tot in seiner Zelle im UN-Gefängnis gefunden worden.

Laut dem in Den Haag veröffentlichten Autopsiebericht stellten die Ärzte bei Milosevic zwei Herzkrankheiten fest, die den Infarkt verursacht haben könnten. Gerichtsmediziner hatten Milosevics Leiche am Sonntag mehr als vier Stunden lang autopsiert.

"Sie wollen mich vergiften"

Neben der Leichenschau sollte das Blut des Verstorbenen toxikologisch untersucht werden, um eventuelle Giftstoffe aufzuspüren. Ein serbischer Gerichtsmediziner nahm an der Autopsie teil, zwei serbische Vertreter waren als Beobachter anwesend.

Die Serben-Vertreter bescheinigten den Ärzten ein "sehr professionelles" Vorgehen bei der Autopsie. Bis zum Vorliegen des endgültigen Ergebnisses können laut Gericht noch mehrere Tage vergehen.

Milosevics Anwalt Zdenko Tomanovic hatte am Sonntag einen am Freitag von Milosevic aufgesetzten Brief vorgelegt, in dem dieser die Befürchtung äußerte, er könne in UN-Haft vergiftet werden. "Sie wollen mich vergiften, ich bin ernsthaft besorgt und unruhig", schrieb Milosevic darin.

"Fremde Substanzen"

Bei Untersuchungen seines Blutes am 12. Januar seien darin hohe Dosen eines Medikamentes gefunden worden, das normalerweise bei der Behandlung von Lepra oder Tuberkulose verwendet wird, hieß es in dem Brief.

Der niederländische Fernsehsender NOS berichtete, bei Untersuchungen vor Milosevics Tod seien darin "fremde Substanzen" gefunden worden. Diese hätten die Wirkung von Milosevics Medikamenten zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzproblemen aufgehoben.

Laut UN-Tribunal sollte Milosevics Leiche am Montag seiner Familie übergeben werden. Noch ist unklar, wo er beigesetzt werden soll. Die serbische Regierung schloss ein Staatsbegräbnis bereits aus.

Milosevics Gattin Mirjana (Mira) Markovic sprach sich in einem Interview mit der serbischen Tageszeitung "Vecernje novosti" für eine Beisetzung in Pozarevac, der Heimatstdt ihres Mannes aus.

Seit 2003 auf der Flucht

Markovic beschuldigte das UN-Kriegsverbrechertribunal zugleich, es habe ihren Mann getötet, weil es "keine Gründe für eine Verurteilung hatte und ihn nicht freilassen konnte".

Mira Markovic ist seit 2003 auf der Flucht, seitdem sie in Serbien wegen Machtmissbrauchs angeklagt und ein internationaler Haftbefehl gegen sie ausgestellt worden war. Berichten zufolge soll sie sich gemeinsam mit ihrem Sohn Marko in Russland versteckt halten.

Der serbische Präsident Boris Tadic bezeichnete am Sonntag ein von Nationalisten ins Spiel gebrachtes Staatsbegräbnis für Milosevic für "absolut unangemessen angesichts der Rolle, die Milosevic in der jüngsten serbischen Geschichte gespielt hat".

Tadic sagte zudem, er werde Mira Markovic nicht begnadigen. Der Chef der ultranationalistischen Radikalen Serbischen Partei (SRS), Tomislav Nikolic, hatte ein Gnadengesuch zugunsten Markovics angekündigt, damit Milosevic in Belgrad beerdigt werden könne.

Milosevic war Schlüsselfigur der Balkankriege und der erste frühere Staatschef, der vom UN-Kriegsverbrechertribunal unter Anklage gestellt wurde. Ihm drohte lebenslange Haft wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Er stand seit Februar 2002 in Den Haag vor Gericht. Das Urteil wurde für diesen Sommer erwartet. Del Ponte und Politiker in aller Welt bedauerten, dass durch Milosevics plötzlichen Tod nun kein Urteil gegen den Ex-Machthaber mehr gefällt werden könne.

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