Tibet-Konflikt:Dalai Lama warnt vor Gewaltexplosion

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Vor dem Jahrestag des Aufstands der Tibeter gegen China warnt der Dalai Lama vor einer neuen Welle der Gewalt - und sieht sich erneut mit Vorwürfen aus Peking konfrontiert.

Die Lage in Tibet ist kurz vor dem 50. Jahrestag des Aufstands der Tibeter gegen die chinesische Vorherrschaft sehr angespannt: Der Dalai Lama warnt davor, dass es in den tibetischen Gebieten in den nächsten Tagen erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommen könnte. "Ich bin in großer Sorge", sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter der Frankfurter Rundschau. Seine Landsleute hätten ihm berichtet, dass die Frustration und die Wut auf die Chinesen vor allem unter den jungen Tibetern wachse.

In Sorge: der Dalai Lama. (Foto: Foto: AFP)

"Auf der chinesischen Seite sieht es genauso aus. Viele chinesische Bürger haben sich Waffen zugelegt, und sie sind bereit zu schießen. Die Lage ist sehr angespannt. Es kann jeden Moment zu einer Gewalt-Explosion kommen", beschreibt der Dalai Lama die Lage in seiner Heimat. Hintergrund für die wachsenden Spannungen ist der 50. Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes gegen die chinesischen Besatzer am 10. März.

Auch tibetische Aktionsgruppen sprachen von einer "Atmosphäre wachsender Spannungen". Bei zwei Protesten in Ganzi am Donnerstag seien eine Nonne und eine 36-jährige Tibeterin festgenommen worden, berichtete die International Campaign for Tibet (ICT). Auf Flugblättern hätten sie die Rückkehr des Dalai Lama, Respekt für Menschenrechte und Religionsfreiheit sowie die Freilassung inhaftierter Tibeter gefordert.

Der Dalai Lama appellierte an sein Volk, sich nicht "zu Gewalt hinreißen" zu lassen. "Wir sollten keinen Aufstand anstreben. Die gesamte tibetische Bevölkerung will keine Gewalt." Mit einem Aufstand spiele man der Regierung in Peking nur in die Hände. Es sei die Strategie der Chinesen Gewalt zu provozieren, "weil sie ihre harte Gangart, zum Beispiel Folter, legitimieren wollen".

Von seinem Exil im indischen Dharamsala aus setzt sich der Dalai Lama seit Jahrzehnten für größere Autonomierechte der Tibeter ein. Er predigt dabei das Prinzip der Gewaltlosigkeit, das ein Teil seiner Landsleute in Frage stellt.

Der 73-Jährige wirft China vor, sein Volk weiterhin massiv zu unterdrücken. "Viele Tibeter wurden verhaftet und gefoltert, viele sind gestorben", sagte der Dalai Lama dem Blatt. Die Öffentlichkeit bekomme davon nichts mit. "Diese Entwicklung ist sehr traurig. Hinzu kommt noch eine langfristig angelegte, viel wichtigere Strategie der Chinesen: Sie wollen unsere Sprache und Kultur eliminieren."

Anschuldigungen gegen Dalai Lama

Dagegen warf der chinesische Außenminister der tibetischen Exil-Regierung vor, sie wolle die Hoheit Chinas über Tibet beseitigen. "Die Seite des Dalai Lama besteht noch immer auf der Gründung eines sogenannten Groß-Tibet auf einem Viertel des chinesischen Staatsgebiets", sagte Yang Jiechi in Peking. Der Dalai Lama wolle "alle Chinesen und andere ethnische Gruppen" sowie die chinesischen Streitkräfte aus diesem Gebiet vertreiben, sagte Yang weiter.

Der Chef der Kommunistischen Partei in Tibet, Zhang Qingli, sagte laut einem Bericht der Tibet Daily vor Polizeioffizieren, sie müssten gegen "kriminelle Elemente direkt losschlagen" und die "separatistischen Bestrebungen" der "Clique" des Dalai Lama bekämpfen.

Chinas Außenminister warnte ausländische Regierungen davor, Beziehungen zum Dalai Lama zu unterhalten. "Während sie Beziehungen mit China unterhalten, sollten andere Länder dem Dalai Lama nicht erlauben, ihre Länder zu besuchen oder sie zu nutzen, um separatistische Aktivitäten zu verfolgen", sagte Yang.

Die Regierung in Peking hatte wiederholt stark verärgert darauf reagiert, dass ausländische Regierungschefs den Dalai Lama empfingen, zuletzt unter anderem gegenüber dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Vor dem Jahrestag des Aufstands der Tibeter am kommenden Dienstag verstärkten die chinesischen Sicherheitskräfte ihre Präsenz in Tibet. Seit den Unruhen im vergangenen Jahr, bei denen nach tibetischen Angaben 200 Tibeter getötet worden waren, herrscht in dem Gebiet eine angespannte Stimmung.

© AFP/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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