Terrorverdacht:Schwarzpulver und Böller

Lesezeit: 2 Min.

"Seit 2016 ist es in mindestens 880 Fällen gelungen, Rechtsextremen die Waffenerlaubnis zu entziehen - immerhin", sagt BKA-Präsident Holger Münch. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

In Schleswig-Holstein nimmt die Polizei drei Iraker fest. Sie sollen einen Anschlag geplant haben.

Schwer bewaffnete Spezialkräfte der Bundespolizei und des Bundeskriminalamts (BKA) haben am frühen Mittwochmorgen in Schleswig-Holstein drei Iraker festgenommen, die nach Ansicht der Sicherheitsbehörden mit Planungen für einen Terroranschlag begonnen hatten. Wie Bundesanwaltschaft und BKA am Mittwoch mitteilten, wurden nach wochenlangen Ermittlungen zwei Verdächtige und ein mutmaßlicher Helfer im Kreis Dithmarschen festgesetzt. Die Männer experimentierten demnach mit Schwarzpulver aus Silvesterböllern für eine Bombe. Nach Angaben einer Sprecherin der Bundesanwaltschaft seien die 23- bis 36-Jährigen bereits "fest" zu einem Attentat entschlossen gewesen. Über Zeit und Ort hätten sie sich nach jetzigem Ermittlungsstand allerdings noch "keine abschließenden Gedanken gemacht". Außerdem durchsuchten Einsatzkräfte Wohnungen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg.

Nach Angaben von BKA-Präsident Holger Münch war dies bereits das siebte Mal seit dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz Ende 2016, dass Ermittler ein islamistisches Attentat in Deutschland "vereitelt" hätten. Die Verdächtigen hätten selbst das Ziel ausgegeben, "möglichst viele Menschen" zu töten, sagte er in Berlin. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hatten sich die 23-jährigen Hauptverdächtigen Shahin F. und Hersh F. Ende vergangenen Jahres zu einem Attentat entschlossen. Spätestens Anfang Dezember verschaffte sich demnach einer von ihnen im Internet Anleitungen für den Bombenbau und bestellte über eine "Kontaktperson" in Großbritannien eine Zündvorrichtung, deren Auslieferung die dortigen Sicherheitsbehörden aber stoppten.

Ende Dezember sollen die Männer dann erste Sprengversuche mit 250 Gramm Schwarzpulver aus Silvesterböllern unternommen haben. Zudem überlegten sie anscheinend, bei ihrem Anschlag eine Schusswaffe einzusetzen. Diese sollte der 36 Jahre alte mutmaßliche Helfer besorgen. Der Mann verhandelte laut Bundesanwaltschaft mit einem weiteren Verdächtigen über den Kauf einer Pistole, diese war den zwei Hauptbeschuldigten mit einem Preis von 1200 bis 1500 Euro letztlich allerdings zu teuer. Die Ermittler glauben außerdem, dass die Hauptverdächtigen erwogen, ein Auto als Tatwaffe einzusetzen. Einer der Männer habe deshalb begonnen, Fahrunterricht zu nehmen.

Unklar ist, ob die beschuldigten Iraker in eine terroristische Organisation eingebunden waren. Laut der Sprecherin der Bundesanwaltschaft fanden sich "Bezüge" zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Dies sei allerdings nicht gleichbedeutend mit einer etwaigen Mitgliedschaft oder gar einem direkten Auftrag durch die Organisation. Den zwei Hauptbeschuldigten werden nun die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat sowie Verstöße gegen das Waffen- und das Sprengstoffgesetz vorgeworfen. Der mutmaßliche Helfer steht im Verdacht, hierzu Beihilfe geleistet zu haben. Den Angaben zufolge lösten Hinweise des Bundesamts für Verfassungsschutz Anfang Dezember die Ermittlungen aus. Bis zu 200 Beamte hätten die Männer wochenlang teils rund um die Uhr observiert und deren Kommunikation verfolgt, sagte BKA-Chef Münch. Auch die europäische Polizeibehörde Europol sei beteiligt gewesen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betonte, der Fall demonstriere die weiterhin hohe Gefährdung in Deutschland. Nach wie vor gelte daher "die höchste Sicherheitsstufe". Münch betonte, die Gefahr islamistischer Anschläge werde nach Einschätzung der Behörden auch "mittelfristig" nicht nachlassen. Die drei festgenommenen Iraker hätten als Flüchtlinge in Deutschland gelebt. Sie hätten subsidiären Flüchtlingsschutz genossen, also jenen Schutz, der greift, wenn im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht, etwa Folter oder Todesstrafe.

© SZ vom 31.01.2019 / afp, Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: