Als Konsequenz aus britischen Erkenntnissen, wonach hinter dem Absturz einer russischen Passagiermaschine über dem Sinai ein Terroranschlag steckte, hat die britische Regierung Verteidigungs- und Sicherheitsexperten an den ägyptischen Ferienort Scharm el-Scheich entsandt. Vorsichtshalber hat auch die Lufthansa eine Reihe von Flügen in der Region gestrichen.
Die Gruppe Islamischer Staat (IS) hatte sich selbst bezichtigt, das russische Flugzeug am Samstag gesprengt zu haben - London geht nun mit "großer Wahrscheinlichkeit" davon aus, dass dies der Wahrheit entspricht, so teilte der britische Premier David Cameron nach einem Treffen seines Sicherheitskabinetts mit; darauf würde abgehörte Kommunikation hindeuten. Auch sei es wahrscheinlich, dass gezielt ein russisches Flugzeug ausgesucht wurde. Dies erklärte der britische Sicherheitsberater am Donnerstag dem Kanzleramt telefonisch.
In der Folge kündigte der britische Außenminister Philip Hammond an, die etwa 20 000 britischen Urlauber in Scharm el-Scheich könnten erst wieder nach Hause fliegen, wenn die Sicherheitsvorkehrungen am dortigen Flughafen mit der Hilfe britischer Fachleute verbessert worden seien. Es gehe um die Überprüfung aller Gegenstände, die an Bord von Flugzeugen gelangen. Aus Vorsicht hatte London allein am Donnerstag 19 Flüge gestoppt - am Freitag nun sollen Passagiere ohne Koffer ausfliegen dürfen, nur mit Handgepäck.
Auch Sicherheitsvorkehrungen für deutsche Urlauber wurden am Donnerstag verstärkt. Die Lufthansa kündigte an, sich gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und den Reiseveranstaltern um die in Scharm el-Scheich befindlichen etwa 2000 Deutschen zu kümmern und für sie Rückflüge zu organisieren. Die planmäßigen zwei wöchentlichen Flüge ihrer Fluggesellschaften Edelweiss und Eurowings hat die Lufthansa-Gruppe vorerst eingestellt. Der Münchner Veranstalter FTI will seine Ägyptenreisen hingegen nicht aussetzen.
Gleichzeitig wollten sich die deutschen Sicherheitsbehörden aber zunächst nicht der Einschätzung ihrer britischen Kollegen zu einem Terroranschlag anschließen. Wie das Auswärtige Amt verlauten ließ, gebe es bislang keine "belastbaren Ergebnisse" zur Absturzursache. Auch ein technischer Defekt sei weiterhin denkbar. Deshalb seien auch die Reisewarnungen vorläufig nicht verschärft worden. Im "Gemeinsamen Internetzentrum" (GIZ) der deutschen Sicherheitsbehörden wurde am Donnerstag ein angebliches Bekennervideo des IS geprüft, dessen Echtheit nach Angaben des Bundeskriminalamts vorerst unklar blieb.
Offener Widerspruch gegen Londons Terrorwarnungen kam aus Moskau: Russlands Regierung sprach von bloßen "Spekulationen", der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, Konstantin Kosatschew, warf London politische Absichten vor. "Das ist geopolitischer Widerstand gegen Russlands Vorgehen in Syrien." Flüge aus Russland nach Ägypten gingen ohne Einschränkungen weiter.