Terrorismusbekämpfung:Innenminister für Islamisten-Datei

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Den Informationsfluss zwischen Bund und Ländern hält Bundesinnenminister Otto Schily für "unbefriedigend". Sein Vorschlag, alle terrorismusverdächtigen Islamisten zentral zu erfassen, findet die Zustimmung seiner Länderkollegen. Beim Verfassungsschuz pochen sie jedoch auf ihre Unabhängigkeit.

Vor Beginn der Innenministerkonferenz in Kiel haben sich die Ressortchefs Bayerns, Niedersachsens und Hessens für den Aufbau einer zentralen Datenbank mit terrorverdächtigen Islamisten ausgesprochen. Schily bekräftigte, wegen der Gefahr des islamistischen Terrorismus müssten künftig "alle Informationen zentral gespeichert und zentral ausgewertet werden".

Bei den Ländern warb Schily darum, dies gemeinsam "strikt gesetzlich festzulegen, damit absolute Klarheit herrscht". Die bisher praktizierte Informationsweitergabe zwischen den Verfassungsschutzämtern in Bund und Ländern nannte Schily unbefriedigend. Es gebe deshalb Anlass, "dafür zu sorgen, dass wirklich jedes Detail in die Zentraldatei geht", sagte er dem Hamburger Magazin Stern.

Schily signalisierte zugleich Kompromissbereitschaft: Er bestehe nicht mehr auf einer Zurückstufung der Landesämter für Verfassungsschutz zu Filialen des Bundesamts. Damit würde sich zwar deren Effizienz erhöhen, meinte er. "Aber darüber werde ich mit den Kollegen nicht verhandeln, weil ich genau weiß, dass sie sich da gar nicht bewegen wollen."

Schily: Länder haben "Kirchturmhorizont"

Gleichzeitig wies Schily den Vorwurf zurück, er leide an "Zentralisierungswahn". Er warf stattdessen den Ländern, "die eifersüchtig über ihre Befugnisse wachen", einen "Kirchturmhorizont" vor. Schily war mit seiner Forderung nach einem Weisungsrecht des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegenüber den Länderbehörden selbst in SPD-regierten Ländern auf Ablehnung gestoßen.

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte im NDR, in die zentrale gemeinsame Datenbank sollten Geheimdienste und Polizei ihre Informationen einspeisen müssen. Der Bund sollte diese Daten auswerten und dann den Ländern zur Verfügung stellen. Wichtig sei ein abgestimmtes Lagebild.

Der Minister wandte sich aber gegen eine Verlagerung von Zuständigkeiten bei der Kriminalitätsbekämpfung auf die Bundesebene und bekräftigte, das föderale System habe sich sehr bewährt.

Auch der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) sprach sich im ZDF für eine "zentrale Dateneinrichtung" aus. Daneben sei ein gemeinsames Analyse- und Lagezentrum unter Federführung des Bundesamts für Verfassungsschutz überfällig. Ein Weisungsrecht des Bundesamts gegenüber den Landesämtern lehnte Bouffier aber ab; das bringe keinen Sicherheitsgewinn.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) lehnte eine Verlagerung von Kompetenzen auf den Bund ebenfalls kategorisch ab. Ein verbesserter Informationsaustausch sei der richtige Weg, sagte er im Inforadio des RBB. Dabei dürfe der Datenschutz aber nicht im Weg stehen.

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, begrüßte die Pläne für eine Zentraldatei. Es sei aber verantwortungslos, wenn Politiker über neue Gesetze redeten, aber zugleich tagtäglich Stellen bei der Polizei strichen.

FDP: Trennung von Geheimdienst und Polizei ausgehöhlt

Die FDP äußerte hingegen Vorbehalte gegen die Einrichtung einer Islamisten-Datei. Wenn alle Sicherheitsbehörden sie einsehen könnten, werde das im Grundgesetz verankerte Trennungsgebot von Geheimdiensten und Polizei ausgehöhlt, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Max Stadler, der Berliner Zeitung.

Da die Polizei an Informationen käme, die der Verfassungsschutz durch verdeckte Ermittlungen erhalten habe, "würden die gesetzlichen Einschränkungen ausgehebelt, denen die Polizei unterliegt", sagte Stadler. Er plädierte stattdessen für zwei zentrale Dateien: Eine für den Verfassungsschutz und eine für die Polizei. Der FDP-Politiker lehnte auch ein gemeinsames Lagezentrum von Verfassungsschutz und Polizei ab.

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