Terror in Ankara:Türkei geht gegen IS vor

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Nach dem Anschlag in Ankara nehmen die Behörden Dutzende Verdächtige fest, die Verbindungen zur IS-Miliz haben sollen. In Istanbul kommt es zu Rangeleien zwischen Polizei und Anti-Regierungs-Demonstranten.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Der Selbstmordanschlag in Ankara mit fast 100 Toten und mehr als 500 Verletzten vom Samstag wühlt die Türkei weiter auf. Der Istanbuler Gouverneur verbot eine Trauerveranstaltung im Bezirk Beyazit mit der Begründung, die Bevölkerung solle Aufrufen zu Demonstrationen, die die "öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden", keine Beachtung schenken. In den Tagen zuvor hatten Tausende Demonstranten der Regierung eine Mitschuld an dem Attentat gegeben und Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan als Mörder beschimpft. Im Istanbuler Stadtteil Kadıköy hinderte die Polizei eine Gruppe Demonstranten daran, mit der Fähre auf die europäische Seite zu gelangen, wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete. Dabei kam es zu Rangeleien, vier Menschen wurden festgenommen. Premier Ahmet Davutoğlu besuchte unter strengen Sicherheitsvorkehrungen den Anschlagsort in der Hauptstadt. Zuvor hatte die Polizei am Bahnhof ein verdächtiges Gepäckstück gesprengt.

Die Ermittlungen konzentrieren sich weiter auf den Islamischen Staat (IS). Die Regierung vermutet die Terrororganisation hinter den Anschlägen. Im Sommer hatte der IS in Propaganda-Videos der Türkei mit Vergeltung gedroht, nachdem das Land aktiv in den Anti-Terror-Kampf eingestiegen war. Zudem ähnelt der Anschlag dem Attentat von Suruç, wo am 20. Juli ein Selbstmordattentäter mehr als 30 Menschen in den Tod gerissen hatte. Der TV-Sender CNN-Türk meldete unter Berufung auf Polizeiquellen, dass die Namen der beiden Attentäter von Ankara den Sicherheitsbehörden mittlerweile bekannt seien. Um die Ermittlungen nicht zu gefährden, würden sie aber nicht veröffentlicht. Hürriyet Daily News berichtet von 50 Verdächtigen, die landesweit seit dem Anschlag in Ankara von der Polizei festgenommen und verhört worden seien. Sie sollen Beziehungen zum IS unterhalten. Dieser hat sich bislang nicht zu dem Anschlag bekannt. Erdoğan richtete eine Untersuchungskommission ein, die direkt ihm unterstellt ist. Für Aufsehen sorgte Davutoğlu, als er sagte: "Wir haben eine Liste mit Leuten, die möglicherweise Selbstmordattentate planen. Wir behalten sie im Auge, aber wir können sie nicht festnehmen, solange sie nichts tun."

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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